Causse Noir - der ideale Ort für Höhlenforscher

Die langen dunklen Winterabende gehen einem ja schon wieder gehörig auf den Geist. Da beginnt man noch vor Weihnachten von lauen südfranzösischen Nächten zu träumen, so auch Ende letzten Jahres. Weil wir Höhlenforscher der Tat sind, wurde nur kurz laut getrommelt und schon waren 10 Freunde überzeugt an Ostern in den Süden zu fahren. Hmmm, warum muß eigentlich immer der Trommler die Unterkunft ausknobeln und die wichtigste aller Fragen beantworten : Gibt es da auch Höhlen ?? 

Zum Glück hatte Marvin ein Höhlenbuch zur Hand. Eindeutig Ja – viele Höhlen !  Also bloß noch eine freie, passende Herberge für das verwöhnte Klientel finden und der Urlaub ist gesichert.  Für 8 Personen 4 kuschelige, superschmale, zu kurze französische Doppelbetten zu finden ist einfach, doch für 10 langbeinige Individualisten wird es schwierig.  Endlich lese ich begeistert ganz hinten hoch oben, in den Cevennen bei den 7 Zwergen auf dem Causse Noir : 10 Einzelbetten in 4 Zimmern.  Ideal, super, will ich haben. Neiiin, ist frei aber leider nicht über 9 Tage buchbar !  Ich rufe die im tiefen Winterschlaf ruhende regionale Vermittlung an – qui, qui, probleme, probleme. Einige Emails und Telefonate später sagt mir die Zentrale in Paris mündlich zu, uns das möglich zu machen. Ich drohe mit Anzahlung – Patience, es klappt !  Wir bekommen das malerische Pfarrhaus aus dem 12 Jahrhundert in St.Andre de Vezine, Mauer an Mauer mit dem Kirchturm, mit real 2m langen Einzelbetten und mit Heizkosten inclusive (doch das macht mich nicht stutzig).

Endlich ist Ostern und die Anfahrt klappt für alle wie am Schnürchen. Das Anwesen ist super, das Dorf übersichtlich, die Landschaft grandios. Der Kirchturm bimmelt alle Viertelstunde, Stundenanzeiger und Stundenschlag. Oh, eine Stahlglocke mit hellem Klang. Wir beschließen die Zeitschaltuhr zu suchen.

Die erste Höhle wird der Gouffre Noir (passend zur Causse Noir und unserer Gesinnung), ein Monsterloch oben am steilen Südhang, nur über einen 45-minütigen Fußmarsch durch die Büsche erreichbar. Zum Glück scheint die Sonne nicht – wir wären wohl nie angekommen. 40 Meter wandfreies Abseilen im schwindenden Tageslicht hinunter in die Finsternis. Unten ein „Gang“ als wäre die Zeil überdacht. Whow, das geht gut los. Alle sind restlos begeistert.

Dann schnell noch Abendessen und Verpflegung kaufen.  Huch, das Navi sagt 1,5h Fahrt !  Hääh ? Ja, zum nächstgelegenen Supermarkt in Millau. Auf den kurvigen Bergstraßen ist ein dreißiger Schnitt schon sportlich. Doch wir wussten es schon immer, Höhlenforschen ist Motorsport ! Kurz vor Ladenschluß fallen die ausgehungerten Barbaren ein und kommen alsbald mit 3 vollen Einkaufswagen nach einer Überstunde für die dankbare Dame an der Kasse wieder heraus.

Wie immer ist Kochen, Spülen, Putzen und Einkaufen rollierend organisiert, Wein trinken ebenfalls. Doch horcht, es bimmelt nicht mehr. Von 21 Uhr bis 9 Uhr ist absolute Ruhe im Dorf, auch die Hunde trauen sich nicht zu bellen. Sehr schön !!  Urlaub, die Sonne brennt vom blauen Himmel, nachts grüßt die Milchstraße vom Firnament.

Weiter geht es täglich mit einer Höhle, eine besser wie die Andere. Zur Abwechslung sind da noch die wilden Flüsse Tarn, Dourbie und Jonte. Wie durch Zufall habe ich einen Schlauchkanadier dabei, kann noch ein paar Leihboote organisieren und schon grüßen wir die Angler vom Wasser her. Herrliche Tage auch beim Wandern, oben an der Plateaukante entlang mit Blick auf die kreisenden Geier, oder unten in den steilen Schluchten am rauschenden Bach, die tollsten Felsformationen über sich. Tolle historische Dörfer, sehr malerisch und traumhaft gelegen werden bewundert. Viel zu viele Möglichkeiten für so wenige Tage !  Da hilft auch Grüppchenbildung nicht mehr.

Uiii,  intermittierendes Glockenspiel als moderne Zweiton-steel-hammer Musik weckt uns jäh – Ostersonntag ! Doch siehe, der Gottesdienst ist wohl 2 Dörfer, oder 20km weiter. Unser angrenzendes Haus Gottes bleibt leider zu. Ich glaube das wäre ein Erlebnis gewesen.

Alternativ haben wir Heute eine traditionelle Durchgangshöhle im Visier. Die Grotte Bramabiau wurde schon 1888 von den Urforschern erstmals im Baumwollzeug und Holzboot durchquert, eine Wasserhöhle mit einem großen Canyon sous terre. Die treibende Kraft zur Erstbegehung und Vater der Speleologie, Eduard Martel sagte damals dazu :  „Bramabiau ist eine dieser großartigen und höchst eigenwilligen Schöpfungen, die die Natur im Verlauf der Jahrhunderte schafft und die den menschlichen Geist klein erscheinen lassen“.
Wir finden zuerst den Hinterausgang nicht. Das monströse Portal mit dem verschwindenden Flüsschen ist einfach jenseits unserer Vorstellungen bezüglich Höhleneingang. Vielleicht lag es auch an der brennend auf die Neoprenanzüge einhämmernde Sonne, am vielen Schweiß (oder doch am Wein?). Doch ich fürchte Martel hat Recht. Als wir endlich drin sind, folgt schneller als uns lieb ist der erste Schwimmpool. Hey, ist das Wasser kalt ! Wir lachen und haben Spaß. Zwei Pools weiter lachen wir nicht mehr, es ist irgendwie arg ungemütlich. Eine 100m Schwimmstrecke verlassen wir blau und bibbernd. Nix wie raus hier, Wallung bitte. Endlich Tageslicht, doch nein es ist die Beleuchtung der Schauhöhle unerreichbar weit oben. Weiter, weiter, weiterschlottern in den Canyonstufen, endlich erscheint das Ausgangsportal. Wir sichten große weiße Gebilde am letzten Wasserfall. Echt jetzt ??? Eiszapfen !!! Am Tor bewundert uns der Höhlenführer – erste Durchquerung des Jahres. Tolle Leistung bei -5°C da durchzuschwimmen. Vor lauter Zähnegeklapper erreicht diese Botschaft das Hirn erst viel später im Auto bei voll aufgedrehter Heizung. Wir sind weit über 1000 Meter hoch – da ist es Nachts wohl saukalt. Zum Glück ist in der Pfarrei die Dusche heiß …

Es gäbe noch viel von den fiesen Kiefernprozessionsspinnern zu erzählen dessen Andenken uns noch wochenlang juckend begleitet. Oder dem Aven Bob und dem Plattfuß, der einmaligen Sicht auf das Viaduct de Millau, 270m hoch (ohne Abseilmöglichkeit), dem Corniche de Rajol, Cantobre und dem Gouffre de Patates, ein absolut tolles Loch ohne jede Kartoffel. Wir müssen unbedingt wieder hin.

Glück tief,   Oliver Kube

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