Aktion „Turmbefreiung“ – Klettereinsatz an der Landsteiner Mühle
Das Kletter-Know-How und die dazugehörigen Utensilien nicht nur in den Bergen nutzbringend eingesetzt werden können hat sich einmal mehr bei einem besonderen Einsatz einiger Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft „Klettern und Naturschutz Hochtaunus“ gezeigt.
Die Anfrage kam vom Naturpark Hochtaunus: Könnt ihr Kletterer uns bei der Beseitigung von Bewuchs an einem alten Turm behilflich sein? Da diese Frage nicht so einfach mit ja oder nein zu beantworten war wurde zunächst ein Termin vor Ort vereinbart. Der Ort, die Landsteiner Mühle. Das Zielobjekt, ein alter Kirchturm direkt neben der Landsteiner Mühle.
Die Landsteiner Mühle und die Ruine des Kirchturms sind Überbleibsel der erstmals 1350 erwähnten Ortschaft Landstein, die schon vor langer Zeit aufgegeben wurde. Die noch vorhandenen Reste des Kirchturms gehörten zu einem größeren Sakralbau. Dieser wurde im Laufe der Zeit zu einem großen Teil abgetragen und als Baumaterial für „Neues“ genutzt. Geblieben sind lediglich die Ruine des Westturms und kleine Teile der Seitenschiffe.
Durch Umwelteinflüsse wird eine derartige Ruine stetig weiter zerstört. Ein Versuch diesen Prozess aufzuhalten wurde in den 70er Jahren durch die Einbringung eines Fugenputzes und der Versiegelung der Mauerkrone gemacht. Inzwischen war diese Versiegelung aber offensichtlich recht marode geworden und es hatten sich Pflanzen, darunter größere Büsche und Bäume, angesiedelt.
Um Maßnahmen zum Erhalt des Turmes vorzubereiten sollten zunächst alle Pflanzen entfernt werden. Bei der Besichtigung des Zielobjekts wurde schnell klar, dass eine Beseitigung der Pflanzen mit Seilsicherung sinnvoll und machbar ist. Allerdings schied ein Anbringen der notwendigen Seile durch eine Besteigung des Turmes von unten aus. Fehlende Sicherungsmöglichkeiten und die marode Substanz der Mauern hätten für uns ein zu großes Sicherheitsrisiko dargestellt. Da, bei ca. 18 m Turmhöhe, Leitern für die Installation der Seile ausschieden, wurde die Bereitstellung eines Hubsteigers mit dem Naturpark vereinbart.
Ein paar Freiwillige und ein passender Termin waren schnell gefunden. Am 11.11. – ohne Pappnase und bereits um 10:00 – ging es los mit er Aktion „Turmbefreiung“. Kletterer kennen bekanntlich kein schlechtes Wetter nur „schlechte Kleidung“. Bei den herrschenden Wetterverhältnissen, Regen und Kälte, waren die Akteure – Rainer Opp, Oliver Schürmann, Petra & Fred Wonka – aus diesem Grunde selbstverständlich in „guter Kleidung“ angetreten.
Zunächst wurde der Hubsteiger am Turm in Position gebracht und mehrere Seile an massiven Bäumen außerhalb des Turmes fixiert. Die freien Enden der Seile sowie die Akteure wurden mit Hilfe des Hubsteigers zur Turmoberkante befördert und die Seile über die Kante ins Innere des Turmes befördert. Da die oberen Kanten der Turmmauern z.T. sehr scharfkantig sind wurden stabile Gummimatten platziert und die Seile darüber geführt.
Gut gesichert ging es dann mit Sägen, Astscheren und Fugenkratzer ans Werk. Beginnend an der Oberkante des Turms wurden der Bewuchs Pflanze für Pflanze entfernt. Wobei einigen Pflanzen nur mit der Säge und einer gehörigen Portion Muskelkraft beizukommen war. Es ist erstaunlich welche Größe ein Baum unter widrigen Bedingungen, wenig Erde, Wasser und Nährstoffe, erreichen kann. Nebenbei wurde auch einiges an losen Mauerteilen, besonders im Bereich der Mauerkrone, kontrolliert der Schwerkraft übergeben.
Zur Mittagspause wurden wir vom Naturpark mit heißer Suppe und heißem Kaffee verpflegt was die Körperkerntemperatur wieder etwas ansteigen ließ. Auch der Landrat des Hochtaunuskreises – Ulrich Krebs – stattete uns einen Besuch ab um sich über den Fortschritt zu informieren.
Gegen 16:00 hatten wir den Turm dann „befreit“. Die durch uns durchgeführte Beseitigung des Bewuchses und losen Mauerwerks ist natürlich nur der erste Schritt zum Erhalt des Turmes. Der Naturpark wird sich der weiteren Restaurierung annehmen.
Für die Akteure war die Arbeit nach der Aktion allerdings noch nicht beendet. Nässe, Staub, Späne, Pflanzenreste und Erde haben sowohl unsere Kleidung wie auch Werkzeug und Ausrüstung mit einer dicken Schmodderschicht überzogen. Kommt man mit derartigen Gegenständen in die Nähe einer Waschmaschine regiert diese ziemlich gnadenlos: wenn ich das waschen muss quittiere ich den Dienst – für immer. Da half also nur, trotz eisiger Kälte, mit Gartenschlauch und scharfem Strahl eine intensive Vorwäsche.
Bei der Reinigungsprozedur sind mir die vielen, sehr interessanten Vorträge über Höhlentouren von Oliver in den Sinn gekommen. Die Touren sind sicher Fun, das große Reinemachen …….
Den Freiwilligen vielen Dank für ihren Einsatz, der nebenbei auch noch ein paar Euro in die Vereinskasse gebracht hat.
Text & Fotos: Petra & Fred Wonka