Klettern und Klettersteige in Arco/Gardasee
09.04. - 17.04.2017
Da die Temperaturen in Deutschland für das Klettern draußen an Ostern erfahrungsgemäß noch recht unfreundlich sind, planten wir schon im Winter eine Kletterwoche in Italien. Als Standort wählten wir Arco, ein Paradies für Kletterer, Radfahrer und Wanderer. Wir bewohnten zwei Ferienwohnungen, die leider doch über einen Kilometer voneinander entfernt lagen. Aber wir hatten ja die Räder dabei, und so wurde jedes Treffen zum gemeinsamen Abendessen, an dem die Touren für den nächsten Tag geplant wurden, auch zu einem sport-lichen Event. Der kulinarische Aspekt kam da auch nicht zu kurz und steigerte sich von Treffen zu Treffen. Der erste Abend fand noch bei Spaghetti Pomodore statt, der nächste schon bei Möhrenrisotto mit Grisinivariationen. Weitere Abende verbrachten wir bei Linsendaal mit Sojajoghurt und Melone. Gnocchi mit Pesto und als Nachtisch selbstgemachte Panna Cotta beendeten die Kochorgien.
Das Kletterkönnen erlebte ebenfalls eine Steigerung. Am ersten Tag ging es zu Fuß an die Platten vom Baone. Dort gab es die Möglichkeit, Routen mit 3 Seillängen zu klettern. Um noch vor den anderen Kletterern da zu sein, brach die Gruppe schon sehr früh auf, um vor 10 Uhr am Fels zu sein. Diese Planung erwies sich als sehr günstig, da viele Gruppen wirklich erst kurz nach uns erschienen. Wir übten Seilkommandos, lernten in einer Dreier-Seilschaft zu klettern und das Sichern mit Halbseil und Abseilen. Auch machten wir die Erfahrung, dass die Beliebtheit der Felsen eine Auswirkung auf die Felsqualität hat. Der Stein war ziemlich abgespeckt und rutschig. Aber die Hakenabstände machten alles wieder wett, und wir steigerten unser Können bis 5c. Als es am Nachmittag dann zu voll und zu heiß wurde, beschlossen wir, uns noch das Sportklettergebiet Muro del Asino anzusehen. Aber da erwies es sich, dass es besser ist, sehr früh am Tag mit dem Klettern anzufangen. Es war in diesem Gebiet, das sich gut für Anfänger eignet, so voll, dass wir keine freie Route mehr fanden.
Am nächsten Tag brachen wir früh mit dem Rad auf, um auf den Platten vom Corno di Bo, direkt am Gardasee, unser Können in Mehrseillängenrouten auf Platten zu verfeinern. Kaum waren wir angekommen, kam auch schon die nächste Gruppe, so dass wir uns blitzschnell für 2 Routen entscheiden mussten, die wir dann durchsteigen wollten. Diese schnelle Entscheidung war für die eine Seilschaft das Verhängnis. Eine 5a für die erste Route auf spiegelglattem Fels war dann doch etwas grenzwertig. Gaby, Michael und Egbert hielten die 5 Seillängen aber bis oben durch und wurden mit einem traumhaften Blick auf den Gardasee mit seinen Segelbooten belohnt.
Auf der Rückfahrt machte die Gruppe noch in Torbole Halt, um auf Gernod zu treffen, der den Weg von Arco zu Fuß zurückgelegt hatte. Nun war ein Eis fällig. Eigentlich war noch geplant, den Panoramaweg Sentiero Busatte Tempesta oberhalb von Torbole gemeinsam zu gehen. Ein Spazierweg mit 3 langen, am Fels angebrachten Eisentreppen, ein architektonisches Meisterwerk! Aber nur Andreas war noch fit genug, mit dem Rad den Anstieg bis zum Einstieg zu bewältigen. Die anderen zogen es vor, den Rückweg anzutreten.
Da Gaby am Mittwoch in Riva auf den Markt fuhr, erkundete die Gruppe mit Michael, Egbert und Margarete den Aufstieg auf den Baone über den Sentiero Via Congresso 92°. Michael war ihn ja schon im Herbst mit Martin und Gaby gegangen und konnte die Gruppe führen. Der Weg ist kein Klettersteig, aber auch kein Wanderweg. Er verläuft über einen Grat und weist viele Kletterpassagen im 2. und 3. Schwierigkeitsgrad auf. Andreas hatte an diesem Tag sein sportliches Highlight: Er fuhr mit dem Rad eine ausgewiesene Rennradstrecke über 2 Pässe mit an die 1200 hm und 60 km Wegstrecke. Am späten Nachmittag traf sich die Gruppe dann nochmal zum Klettern in Massone, einem Sport-klettergebiet. Abgespeckter Fels, aber schöne Routen. Da Margarete und Andreas eine 6a probieren mussten, die nicht so abgespeckt erschien, haben sie eine Expresse geopfert …
Ab Donnerstag hatten wir uns vorgenommen, die „richtigen“ Mehrseillängenrouten anzugehen. Dazu hatten wir uns die Sonnen-platten vorgenommen. Und da wir nicht wieder mit überfüllten Routen rechnen wollten, suchten wir uns eine der unbekannteren Routen, nicht die bekannte Via del 46° Parallelo, heraus. Die Trento schien der Dreierseilschaft angemessen, sie war mit 5b ausgeschrieben. Margarete und Andreas gefiel die Man Ilia, die aber auch eine 5a Stelle aufwies. Die Sonnenplatten waren von mehreren Seilschaften bevölkert, was aber nichts ausmachte, da es oben einen Ausstieg gab und man sich so nicht in die Quere kam.
Beide Seilschaften bewältigten die Routen mit viel Sonne und Zittern, weil doch schon recht abgespeckt. Dazu gab es in der Trento Steinschlag von oben, so dass kleine Verletzungen davongetragen wurden. Aber wozu trägt man denn auch Helme …
Nachdem die Sonnenplatten so gut verliefen, wollte die Gruppe am Freitag Kletterrouten am Parete San Paolo angehen. Da konnte man gut mit dem Rad anfahren. Michael nahm sich an diesem Tag eine längere Radtour zum Tennosee mit anspruchsvollem Anstieg vor, so dass 2 Zweierseilschaften sich zum Klettern trafen. Ein etwas anderer Fels, keine Platten und die Sicherungen nur über Sanduhren und Schlingen, wenig Bohrhaken. Egbert und Gaby stiegen in die beliebte Via Sabina, IV+, mit 6 Seillängen ein, Margarete und Andreas suchten die Argo, V+, auf. Die Schwierigkeitsbewertungen im Topo stimmten aber irgendwie nicht mit der Realität überein, da gab es wenig Zweier-Gehgelände, wie ausgeschrieben. Trotz allem war es aber eine nette Tour, man war schon am Überlegen, in die nächste Route einzusteigen. Doch dann ließen wir es uns in der Bar Lanterna bei Espresso und Spremute gut gehen und beobachteten die Kletterer in der Wand. Im Nachhinein erfuhren wir, dass unsere andere Seilschaft schon am Einstieg gekniffen hatte, weil es doch zu grauslich mit den Sicherungen aussah! Sie verbrachten dann einen schönen Klettertag in Sportkletterrouten in Muro del Asino.
Die letzten zwei Tage waren ausgefüllt mit dem Einkauf von neuem Kletter-material, shoppen, kleineren Radtouren, einer Bootsfahrt und klettern in den näheren Sportklettergebieten.
Am letzten Tag beschlossen Egbert, Gaby und Michael noch den Klettersteig „Che Guevara“ zu gehen. 1600 Hm auf den Monte Casale. Gaby hatte den Klettersteig in guter Erinnerung, lang, sonnig und einsam. Jetzt, 20 Jahre später, sah es dort etwas anders aus. Schon am Einstieg musste man Schlange stehen, weil durch einige Ungeübte Stau in der Wand entstand. Deshalb beschloss die Gruppe, im Gehgelände das Tempo zu erhöhen und an allen vorbeizuziehen, was recht gut gelang. Leider auf Kosten des Genusses, die Aussicht auf den Toblinosee und ins Sarcatal war fantastisch, nur konnte man sie unterwegs nicht genießen.
Erst oben bei einer längeren Rast konnten die Blicke bis in die verschneite Brenta auf der einen Seite und auf den im Dunst liegenden Gardasee auf der anderen Seite schweifen. Das Rifugio Don Zio hatte auch geöffnet; so rundete ein Espresso das Gipfelerlebnis ab. 3 Stunden gingen auf den Anstieg drauf, ebenfalls fast 3 Stunden dauerte dann der lange Abstiegsmarsch nach Sarche, wo der Shuttleservice von Gernod schon wartete.
Trotz langer Autofahrt nach Italien, trotz überfüllter Klettergebiete und abgespeckter Routen, trotz ab und zu mal Regen … so viele Mehrseillängenrouten warten noch auf uns. Arco, wir kommen wieder!
Gaby Dudda