August 2016 - die Bergsteigergruppe im Wallis
10.08. – 28.08.2016
Im August 2016 zog es die BG das fünfte Mal in Folge ins Wallis. In der Zeit vom 10. bis 28. August trafen neun DAV-Mitglieder und zwei Gäste, zu unterschiedlichen Zeiten in Saas Grund im Stützpunkt Moulin ein, um in jeweils unterschiedlicher Gruppierung die individuellen Wunschziele anzugehen. Während im letzten Jahr – wetterbedingt – nur zwei Touren im Wallis gemacht werden konnten, hatten wir in diesem Jahr überwiegend gutes Wetter und gute Bedingungen am Berg, so dass die meisten Tourenwünsche in Erfüllung gingen.
Egbert Kapelle war neu in der Gruppe und nachdem ich mich über seine gute körperliche Verfassung und seine alpinen Fertigkeiten am Jegihorn überzeugen konnte, haben wir noch vier schöne Hochtouren machen können. Leider konnten Marc und Britta erst ganz spät kommen, so dass wir nur eine Tour zusammen machen konnten. Hauke und Herbert hatten sich in der italienischen Hütte auf Testa Grigia einquartiert und hofften, dass wir uns bei der Castor-Pollux-Unternehmung treffen würden – das klappte aber leider nicht! Annsusa und Wolfgang erlebten das herrliche Umfeld durch Wanderungen, u.a. besuchten sie den 4000er-Panorama-Rundweg von Hohsaas aus.
Das Wallis ist ja groß und beherbergt rund die Hälfte aller Alpen-Viertausender. Die meisten haben wir inzwischen schon besteigen können und damit haben wir auch recht gute Gebietskenntnisse erworben! Aber es sind immer noch einige Wunschziele offen, was bedeutet, dass wir es im Sommer 2017 noch einmal besuchen werden. Einige von uns, die sicherlich noch offene Wunschziele haben – und Andere, die das Gebiet einfach neu kennen lernen wollen.
Dass alle Unternehmungen unfallfrei erfolgten und einige Teilnehmer das dritte und vierte Mal dabei waren und aus meiner Sicht betrachtet, auch Einige aus der jüngeren Generation, das war alles sehr erfreulich für mich!
Karl-Ludwig Waag
Die folgenden Berichte geben Auskunft über das Erlebte:
Kurt schreibt:
Die Seilbahn bringt uns zur Station Kreuzboden. Von dort aus ist man in ca. einer Stunde an den Einstiegen des Jegihorns. Während William und Sabine die Route „Alpendurst“ klettern, gehe ich mit Karl-Heinz die „Panorama“. Recht schöne Kletterei, auch abwechslungsreich, aber das Gestein ist für meinen Geschmack etwas glatt. Am nächsten Tag steige ich mit Karl-Ludwig von Saas Almagell zur Almageller Hütte auf. Von der Hütte braucht man nur eine halbe Stunde zu den Einstiegen an den Tri Hornili.
Dort findet man zahlreiche Routen in bestem Granit, rauh und griffig, gut abgesichert und mit den Routen- bezeichnungen an den Einstiegen. Am Nachmittag gehe ich mit Karl-Ludwig die erste Seillänge von „Double D“ – für ihn ein Test, was ihm sein Knie inzwischen erlaubt. Es geht gut und auch am nächsten Vormittag die „Big Bully“. Sabine und Karl-Heinz genießen derweil bei bestem Wetter den Aufstieg über den Südgrat zum Weissmies, 4017 m. Nachmittags gehe ich mit William die „Double D“ über die auch die Abseilpiste führt: Stände jede halbe SL, daher reicht zum Klettern ein Einfachseil. Aber die Abseilerei ist dann doch zeitraubend und wir kommen gerade noch rechtzeitig zum Abendessen. Besser haben wir es am nächsten Tag. Nach der Tour „Memory“ und anschließender Kletterei über den Grat treffen wir am Beginn der Abseilpiste ein Paar, dem wir am Abend vorher die „Double D“ empfohlen hatten. Wir schließen uns zum Abseilen zusammen und kommen zu viert mit zwei Seilen rasch nach unten. Noch ein spätes Mittagessen auf der Hütte, Abstieg nach Saas Almagell und mit dem letzten Bus nach Saas Grund.
Kurt Schmalzl
Karl-Heinz schreibt:
Nachdem Sabine und ich vom Kreuzboden aus über den sehr schönen Höhenweg zur Almageller Alp und weiter zur Almageller Hütte aufgestiegen waren, stand für den nächsten Tag die „Standardtour“ Weissmies-Südgrat auf dem Programm. Bei herrlichem Wetter ging es in leichter, abwechslungsreicher Kletterei den Grat hinauf und schließlich über den Firngrat zum Gipfel. Im Vergleich zu früheren Jahren war der Firngrat deutlich zurück gegangen, doch noch immer sehr luftig und ausgesetzt und von einer guten Spur gekrönt. Der Blick vom Gipfel bei Windstille und angenehmer Temperatur war einfach großartig! Zurück ging es auf dem gleichen Weg, Sabine nutzte dabei auf den noch recht harten Firnfeldern im unteren Teil des Grates eine etwas ungewöhnliche Technik des Abrutschens mit Pickel, die sich allerdings als nicht wirklich empfehlenswert erwies. Insgesamt ein prächtiger Tag!
Obwohl der Wetterbericht wechselhafte Verhältnisse ankündigte, wollten William und ich die Zeit nutzen und unser Glück am Nadelhorn versuchen. Schließlich versprach ja allein schon der lange Hüttenaufstieg zur Mischabelhütte mit seinen Klettersteigeinlagen unterhaltsames Gehen – und zur Not könnte man ja auch nur auf das Ulrichshorn (3925 m) steigen statt auf das höhere Nadelhorn (4327 m). Gesagt, getan – bei gutem Wetter ging es steil und aussichtsreich hinauf zu den Mischabelhütten.
Am nächsten Morgen war bei zweifelhaften Verhältnissen zeitig Aufbruch, aber schon unterhalb des Windjochs zeichnete sich ab, dass die Kombination aus Wetter und Tagesform nicht für das Nadelhorn reichen würden. Während Lenzspitze und Nadelhorn mehr und mehr in den Wolken verschwanden, ging es erst in das (erstaunlicherweise windstille!) Windjoch und von dort über einen schönen kurzen Firngrat hoch auf das Ulrichshorn mit seiner Sitzbank auf dem Gipfel! Mit Aussicht war leider nicht viel, also schnell wieder runter und dann teilweise bei Regen und Hagel auf dem Hüttensteig zurück in Richtung Saas Fee.
Karl-Heinz Berner
Andre, der jüngste Teilnehmer schreibt:
Am Montag, dem 15. August kamen Inna und ich im Quartier in Saas Grund an.
Wir wollten das durchaus brauchbare Wetter gleich am nächsten Tag nutzen. Karl-Ludwig fuhr uns über Täsch und die sehr schmale Straße hinauf nach Ottawan, 2214 m, so dass wir gemütlich zur Täschhütte im benachbarten Mattertal aufsteigen konnten. Ziel war der Alphubel, aber nicht auf dem Normalweg über die vergletscherte Ostflanke, sondern über den anspruchsvolleren Südwestgrat, auch Rotgrat genannt.
Bei dieser Tour hatten wir allerdings keinen Erfolg; wir kehrten vor der Schlüsselstelle auf ca. 3900 m um, da eine Wetter- eintrübung und die Vereisung durch den Regen vom Vorabend uns schwer zu schaffen machten. Die folgenden Tage versprachen besseres Bergwetter und so wurde der nächste Tourenversuch gestartet – diesmal an die Lenzspitze und das Nadelhorn. Von der Mischabelhütte können diese beiden Gipfel in einer lohnenden Überschreitung an einem Tag erklommen werden. Bei dieser Tour passten sowohl die Verhältnisse am Grat als auch das Wetter, und das war auch nötig. Der Ostgrat auf die Lenzspitze ist eine sehr anspruchsvolle Tour und bietet Kletterei bis in den IV. Schwierigkeitsgrad. Als wir auf dem Gipfel der Lenzspitze standen, hatten wir zudem erst die Hälfte geschafft; es wartete noch der Nadelgrat, der in stetem Auf und Ab und zugleich anregender Kletterei auf das Nadelhorn führt. Danach waren wir froh, dass zumindest der Abstieg über das Windjoch in einfacherem Terrain verlief.
Weil auch die kommende Woche sehr schönes und stabiles Sommerwetter bringen sollte, fassten wir weitere anspruchsvolle Ziele ins Auge. Zwei Tage später stiegen Inna und ich über den Ostgrat auf das Weisshorn; sicherlich einer der herausragendsten und schönsten Berge in den Alpen. Die Kletterei war dort nicht übermäßig schwer, der Firngrat am Gipfelaufbau dafür jedoch messerscharf. Am Gipfel lag uns das Wallis zu Füßen und wir entdeckten zugleich weitere Tourenziele für die verbleibenden Tage.
Unsere Entscheidung fiel darauf die Dent Blanche zu versuchen. Der Berg wird normalerweise von der gleichnamigen Hütte im Val d’Hérens bestiegen. Es gibt allerdings auch eine Route die von Zermatt über die Schönbielhütte und die Wandflue an den Südgrat des Berges heranführt.
Auf Grund der Länge wird dieser Anstieg selten begangen – so waren auch wir völlig allein unterwegs. Zum Glück fanden wir die richtige Route durch die unübersichtliche Wandflue und dann standen wir nach einigen Stunden traumhafter, gut abgesicherter Kletterei auf dem Gipfel der Dent Blanche. Bei bestem Tourenwetter war uns ein weiterer Walliser Traumgipfel gelungen! Mit dem Abstieg nach Zermatt am Folgetag endete unser fast zweiwöchiger, sehr erlebnisreicher Urlaub im Wallis, den Inna und ich noch lange in Erinnerung behalten werden.
André Frick
William schreibt:
Karl-Ludwig holte mich am 10. August zu Hause ab. Wir starteten pünktlich um 9.00 Uhr, genossen die durchfahrene Landschaft und trafen im Quartier in Saas Grund die bereits anwesenden Freunde.
Für mich sind die Alpen ein schier endloses Reich, bestehend aus Wiese, Wald, Fels, Schnee und Eis, das in der Stille des Unendlichen eingehüllt ist. Es fühlt sich an, wie in einer anderen Welt zu sein – eine ganz einzigartige, mysteriöse und wilde Welt. Um in dieser Welt zu sein, braucht man das Wollen und die Liebe zur Freiheit.
Am Donnerstag bin ich mit Sabine die 14-Seillängen-Tour „Alpendurst“ am Jegihorn, 3206 m, geklettert. Es war ein wahrer Genuss an einem sonnigen Tag, an festem Gestein zu klettern und wir sind beide sehr froh gewesen, als das Gipfelkreuz – vier Stunden später – plötzlich über dem Rand der Felswand erschien. Wir mussten uns dann zurück zur Gondelstation am Kreuzboden sehr beeilen – leider waren wir zu spät für die letzte Gondel! Aber das Glück war auf unserer Seite, der Hüttenwart der Weissmieshütte tauchte aus dem Nichts in einem voll beladenen alten Geländewagen auf und nahm uns mit nach unten.
Am Freitag wollte ich mich am Panorama-Klettersteig am Jegihorn erholen, den Zustieg kannte ich ja schon. Aber von Erholung konnte keine Rede sein, denn die fast 1000 m Gesamtaufstieg, die nervenbelastende neue Hängebrücke, der sehr anspruchsvolle obere Bereich und der lange, teilweise recht steile Abstieg haben mich richtig gefordert. Zeitlich bin ich aber, sogar mit Reserve für einen Kaffee, diesmal gut zurechtgekommen.
Am Samstag bin ich im Eiltempo zur Almageller Hütte, 2894 m, aufgestiegen, um mit Kurt an den Tri Hornili, 3096 m, zu klettern. Nur selten habe ich eine so starke Sympathie zu der Felsstruktur der Tri Hornili empfunden! Hier trafen wir auf rauhen, soliden Fels, in dem kleine teilweise versteckte Griffe und winzige rutschfeste Vertiefungen die Bewegung empor ermöglichten. Es brauchte weniger Akrobatik, als vielmehr Technik. So sind Kurt und ich am Samstagnachmittag die „Double D“ (5 SL, 5c+) geklettert.
Am Sonntagmorgen befanden sich Kurt und ich in der „Memory“ (6 SL, 5c+) Die letzte Seillänge dieser Tour war eine echte Herausforderung, ca. 40 Meter lang, exponiert, leicht überhängend und anhaltend schwer, eine echte „Headwall“! Hier waren die meisten Griffe senkrecht, was Piaztechnik erforderte!
Bei wunderschöner Abendstimmung sind wir – Sabine, Karl-Heinz, Kurt und ich – wieder zurück ins Tal gewandert. Damit endete diese wunderschöne sehr eindrucksvolle Unternehmung!
William Davey
Egbert schreibt:
Die meisten Teilnehmer waren bereits abgereist, als ich am 20. August in Saas Grund ankam. Das Wetter und die Bedingungen an den hohen Bergen waren gut. Als erste Tour wurde der Kletterstieg am Jegihorn, 3206 m, zum Akklimatisieren ausgewählt. Die wieder neu errichtete, schwankende Hängebrücke hat wesentlich zur Attraktivität der Tour beigetragen. Da sich Karl-Ludwig mit seinem neuen Knie nach diesem Test recht wohl fühlte und mir die Tour gut von der Hand gegangen war, beschlossen wir, weitere gemeinsame Exkursionen zu unternehmen.
Den nächsten Trip starteten wir von Saas Fee, um das Allalinhorn, 4027 m, über den Hohlaubgrat zu besteigen. Mit Gondel und Metro ging es bis zu der Tunnelröhre, die ins Freie führt. Über den steilen, felsigen Moränenhang stiegen wir steil hinab auf den Hohlaubgletscher. Im unteren flachen Bereich mussten einige lange Gletscherspalten umständlich umgangen werden und als wir die Blankeisstellen im ersten Steilaufschwung hinter uns hatten, erreichten uns die ersten Sonnenstrahlen. Bis zum Felssteilaufschwung geht die Flanke in einen Grat über, der vor den Felsen richtig steil wird. Die Felsen im II-III Grad sind gut abgesichert und leiten über einen kurzen Firnhang zum Gipfel, der als Aussichtsberg der Superlative kaum zu toppen ist! Am nächsten Tag führte uns die Seilbahn von Zermatt zum Kleinen Matterhorn auf 3883 m. Dort verbrachten wir zwei Nächte in dem hüttenähnlichen, komfortablen Quartier. Noch am Ankunftstag unternahmen wir den kurzen Aufstieg zum Breithorn, 4164 m. Bei herrlichem Wetter war es schon etwas ganz Besonderes auf diesem Gipfel zu stehen und das Matterhorn sowie so viele Walliser 4000-er in greifbarer Nähe zu sehen!
Am nächsten Morgen marschierten wir sehr früh am Fuße des Breithorns entlang. Bis zum Schwarztor ging es in stetem Wechsel Auf und Ab, immer die Zwillinge Castor, 4228 m, und Pollux, 4092 m, im Auge. Als die Sonne aufgegangen war, hatten wir den Bergschrund des Castors vor dem letzten 50 Grad steilen Aufschwung erreicht. Dort gab es ein ziemlich unschönes Gedränge zwischen Auf- und Absteigenden. Da es in dieser Flanke auch Blankeisstellen gab, warteten wir, bis wir freie Bahn hatten. Nachdem wir im Sattel angelangt waren, verursachte die letzte Hürde, der schmale, steil aufsteigende Gipfelgrat bis zum Castorgipfel, angespannte Nerven!
Im Abstieg sicherten wir uns mit Eisschrauben bis wir über dem Bergschrund waren. Wieder zurück im Stammquartier trafen wir abends auf Marc und Britta. Wir verabredeten uns mit Marc zu dritt für den nächsten Tag, um den Alphubel, 4206, m zu besteigen. Wieder ein früher Aufbruch nach Saas Fee und mit der Metro bis zur Bergstation Mittelallalin. Von dort aus führte unser Weg zunächst in Richtung Allalinhorn. Dann zweigt die Spur nach rechts in Richtung zum Feekopf, 3888 m, ab, der über einen Felsgrat im II. Grad zu erreichen ist. Anschließend stiegen wir dann am Südgrat über die Eisnase des Alphubels auf. Die Blankeisstellen der Eisnase erforderten den Einsatz unserer Eisschrauben! Als dem Nachsteiger einer kurz vor uns aufsteigenden Seilschaft dort zweimal die Steigeisen abgingen, haben wir eine etwas heikle, nervige Kameradenhilfe geleistet!
Am Gipfel ließen die kristallklaren Rundblicke auf diese fantastische Bergkulisse des Wallis, und weit darüber hinaus, alle Mühen vergessen!
Durch die Hilfsaktion und die schwierigen Verhältnisse an der Eisnase, verloren wir Zeit, die uns zum Erreichen der letzten Gondelabfahrt fehlte. Wir hatten uns auf eine ungeplante Übernachtung in der Station Mittelallalin einzustellen.
Dass wir spät am Abend gegen 22.30 Uhr mit dem Skipistenpersonal dann doch noch abfahren konnten, eröffnete uns ein ungewöhnliches Erlebnis bei Nacht! Damit endete diese interessante, ereignisreiche Woche, die in mir Lust auf weitere 4000-er weckt.
Egbert Kapelle