Klettern und Kultur im Pott

07.06.2012 - 10.06.2012

„Glück auf“ statt „Berg heil“!

Muss man zum Klettern unter freiem Himmel in die Berge? Nein. Und wenn man tagelang immer wieder neue Routen klettern will? Nein, auch dann nicht. Und wenn ein Teil der Gruppe lieber Klettersteige gehen will? Kein Problem -- einfach ab in den Pott!

Und zwar nach Duisburg-Meiderich, in Deutschlands größte künstliche Outdoor-Kletteranlage. Die hat der DAV Duisburg auf dem Gelände des stillgelegten Meidericher Hüttenwerks angelegt. An den Wänden und Türmen der früheren Erzbunker sind über 400 Kletterrouten entstanden; überwiegend in der Struktur, ohne geschraubte Griffe. Dazu zwei Klettersteige mit Passagen bis zum Schwierigkeitsgrad D („sehr schwierig“).

Faszinierend ist auch die Umgebung, in der man klettert! Die alte Industrieanlage wurde in den letzten 20 Jahren zum „Landschaftspark Duisburg Nord“ umgestaltet; frei zugänglich für jedermann. Dort finden Kul­turveranstaltungen statt, der alte Gasometer ist nun ein Tauchsportzentrum, durch die ehemalige Gieß­halle führt ein Hochseilparcours, und ein erloschener Hochofen wurde zum Aussichts­turm ausgebaut. Weitläufiges Gelände, zugewuchert, Wasserspielplätze, kleine Gärtchen, Kaulquappen­tüm­pel, aus Mauern wachsende Farne. Und direkt neben dem Klettergarten ein Spielplatz mit Riesen­rutsche!

Perfekt für eine Gruppe wie unsere: Mit sieben Familien der Familiengruppe 2, darunter Kindern zwischen 2 und 11 Jahren (überwiegend 7 Jahren) haben wir über Fronleichnam vier sehr sportliche und interessante Tage im Ruhrgebiet verbracht. Als Domizil diente uns die JH im historischen Thyssen-Verwaltungs­ge­bäude direkt auf dem Gelände des Landschaftsparks. Sogar einen großen Fernseher für die Übertragung des Deutschlandspiels der Fußball-EM gab es hier! (Der kurzzeitige Ausfall der Spiel-Übertragung wurde ortstypisch mit einem treffenden „Wat is dat denn?!“ kommentiert.)

Trotz täglichem Klettern blieb dank des schnellen „Zugangs“ immer noch Zeit für ein bisschen Ruhrgebietskultur. Am Freitag fuhren wir zu einer der wenigen noch nicht stillgelegten Zechen, dem Bergwerk Haniel in Bottrop, und gingen dort einen Kreuzweg entlang hoch auf die Halde Haniel (126 m ü. NN; 5 km hin und zurück). Oben gab es nicht nur ein Gipfelkreuz, sondern auch ein Amphitheater (in Mondlandschaft) und eine riesige Kunstinstallation des baskischen Bildhauers Agustín Ibarrola, bestehend aus über 100 bearbeiteten Eisenbahnschwellen.

Die Arbeit in einem Bergwerk lernten wir tags drauf bei einer Führung auf der „Kinderzeche Knirps“ in Bochum kennen. Aufgeteilt in zwei Schichten, durften unsere Kinder Kies (statt Kohle) schaufeln, Förderbänder in Bewegung setzen, Förderwagen „schleppen“ (ja, so heißt das), Förderkörbe beladen und per Tretantrieb hoch und runter fahren. Kommunikation zwischen „über Tage“ und „unter Tage“ per Sprachrohr. Und natürlich musste jeder einen Helm tragen! Kann es einen spannenderen Spielplatz geben? Glück auf!

Da den meisten Erwachsenen vom vielen Klettern ohnehin schon alles weh tat, ließen wir den Abreisetag ganz gemütlich auf dem Gelände des Landschaftsparks ausklingen. Hoch auf die 70 m hohe Besucherplattform des Hochofens; ein bisschen durchs Gelände schlendern; noch mal auf die Riesenrutsche. Und ein letztes Mal das Kletterareal in Augenschein nehmen, das uns so viel Muskelkater beschert hat .

Wo noch kann man so entspannt und reizvoll mit einer Horde Kinder klettern gehen?! Wir kommen wieder!

Organisation & Bericht: Wiebke Reimer

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