Lieber nass als tot: 6 Tage Regen auf der Coburger Hütte

1. Tag: „Wir sind bald auf der Kobolder Hütte“ (Kind)

Zuversichtlich und voller Vorfreude machten sich neun Erwachsene und acht Kinder der Familiengruppe 3 von der Ehrwalder Talstation teils zu Fuß, teils mit der Gondel auf Richtung Coburger Hütte. Serpentinen hinauf, durch einen Trollwald hindurch und am kristallklaren (durch den Nebel kaum erkennbaren) Seebensee vorbei, schleppten wir schweres Gepäck (mit Kletterausrüstung für Klettersteige und Klettern) für eine Woche Hüttenurlaub bis zur Materialseilbahn. Glücklicherweise konnten wir die Materialseilbahn für die letzten 300 Höhenmeter nutzen – auf Grund des schlechten Wetters hatte der Hüttenwirt Kapazität dafür.

 

2. Tag: „Hör' auf, mit den Knochen zu werfen!“ (Eltern)

Trotz strömenden Regens (oder waren es doch Wasserfälle?), machten wir uns auf, den Drachensee zu umrunden, um dem Hüttenkoller vorzubeugen. Nur ein Teil der Gruppe schaffte die halbstündige Umrundung, der Rest war schon nach fünf Minuten bis auf die Haut durchnässt – trotz Outdoorkleidung! Im Anschluss wurde die Funktionstüchtigkeit des Trockenraums getestet und für nicht ausreichend befunden (17 Grad Celcius und 70% Luftfeuchtigkeit).

Am Nachmittag machten sich drei bewegungshungrige Mütter auf zur Shoppingtour ins Tal, um Imprägnierspray, Ersatz-Regenhose und -jacken zu kaufen. Beim Aufstieg wurden sie mit ein paar Sonnenstrahlen belohnt. Die auf der Hütte Verbliebenen nutzten die Regenstunden, um die ausgiebig vorhandenen Hüttenspiele zu sortieren und zu testen.

 

3. Tag: „Das ist doch ein toller Wanderweg.“ (Eltern) - „Nein, der ist voller Kacke!“ (Kind)

Heute nutzten wir das von der Wetterprognose vorhergesagte Regenloch zwischen 15 und 18 Uhr. Dafür unterbrachen wir unseren Hüttenspielemarathon und wanderten zu dem vom Hüttenwirt empfohlenen Hochplateau. Am Drachensee vorbei ging es auf Serpentinen stetig bergan zur Hochebene. Nach Regenbogenfotos, Schatzsuche, Steinkunst und Steinewerfen am Drachensee ging es zurück zur trockenen Hütte und zu süßen Köstlichkeiten: "Kann ich einen Kaiserschmarrn haben?" (Kind) - „Ja, dann bist du wenigstens beschäftigt!" (Eltern)

 

4. Tag: „Du warst doppelt so lang im Wasser… Ich war eine Sekunde - du warst zwei Sekunden“ (Eltern)

Was ist schlimmer als Regen? Noch mehr Regen, und das bei 4 Grad Celsius Außentemperatur und böigem Wind. Da auch heute der Hüttenkoller drohte, scheuchten wir alle raus zum Drachensee zum Steine schmeißen. Zwei schwer geschädigte Mütter beschlossen einen Kontrastpunkt zu setzen und stürzten sich im Bikini in die eiskalten Fluten des Drachensees.

 

5. Tag: „Der Bergsee ist eisewarm“ (Kind)

Für heute war die Wettervorhersage wesentlich besser: Nur wenig Niederschlag und zwei Sonnenstunden luden zu einer Tagestour ein. Unsere Tour um den Tajakopf startete am Drachensee vorbei hinauf zum Hochplateau. Von dort aus ging es an den letzten Schneefeldern vorbei in alpinem Steinblockgelände hoch zur Tajascharte. Nachdem wir dort von eisigem Wind durchpustet wurden, machten wir uns schnell an den Abstieg eine geröllige Serpentine hinab. In einer windgeschützten Senke fanden wir endlich einen Rastplatz. Pünktlich zum Picknick nieselte es wieder, aber wir waren inzwischen einiges gewohnt und ließen uns das Essen trotzdem schmecken. Alle grauen Gämsen grasten ganz gemütlich grünes Gras, während schwere Schafe schweigend schwieriges Schottergelände durchschritten. Die Buschgrenze durchbrechend blieb die Landschaft gleichwohl schroff: Ein See, nicht sanft umschmeichelt von einem Sandstrand, sondern karg umrahmt von nüchternen Felsen, vielleicht doch ein wenig heiter umspielt von anmutigen Moosen und Flechten, bot sich den Freuden unseres Lebens** als kleines Spieleparadies zum kurzen Verweilen an.

Circa 90 Minuten später, nach einem kurzen Badegang im eisewarmen Seebensee, erreichten wir die Hütte.

 

6. Tag: Eltern: „Zieh deine Jacke an, es regnet!“ - „Nein, es nieselt nur!“ (Kind)

Die Hoffnung stirbt zuletzt. Doch sie wurde ermordet vom Regen. Nichtsdestotrotz hat unsere Kinder im Nieselregen ein totes Schaf beeindruckt: Heraushängende Gedärme und ausgepickte Augen fokussierten insbesondere das Interesse der Jungs. Der abends aufreißende Nebel ließ uns einmal die Schönheit der atemberaubenden Landschaft erahnen: "Schau, die Berge leuchten!" (Kind). Alpenglühen, in seiner Perfektion, gepaart mit Zirbenschnaps - nach dem Zubettgehen der Kinder - boten eine reizvolle Wiederkehrperspektive für die Zukunft.

 

7. Tag:

Familiengruppe 3 + Abstieg = Kaiserwetter

 

Fazit: Der Regen geht nur bis zur Haut! :-)

 

* Spruch eines Kindes, als es einen Felsen herunterrutschen möchte und der Elternteil dies wegen Nässe unterbinden will

** = Kinder

 

Text: Gemeinschaftswerk

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