Erlebnisse einer Förderschul-Lehrerin und Ergotherapeutin

Unser Ausflug in die DAV-Kletterhalle neigt sich dem Ende zu. Theo* sucht sich zwei Routen aus, denn er möchte unbedingt noch einmal neben Marius* klettern. Es finden sich sofort zwei Sicherer von den Betreuern der KLETThERAPIE, die diesen Wunsch erfüllen möchten. Denn heute ist Theo zum ersten Mal geklettert. Er hat Höhenangst und traut sich dennoch immer wieder an die Wand. Aus einem Meter Kletterhöhe steigert er sich neben seinem Kumpel Marius und durch die herzliche Betreuung der Helfer, die ihn im Selbstvertrauen stärken, zu sieben Metern Kletterhöhe. Am Ende sind alle stolz auf ihn und ganz besonders ist er STOLZ AUF SICH SELBST. Ein anderer Schüler, der nur mit Unterstützung laufen kann und dessen linke Körperhälfte sehr eingeschränkt ist, vernachlässigt fast immer den Einsatz seiner linken Hand. Beim Klettern ist er so motiviert, dass er am liebsten weiter durch die Decke klettern möchte und setzt seine linke Hand spontan von selbst zum Festhalten ein, sodass er seinen Körper besser an der Wand halten kann. Um dies im Alltag zu erreichen, erfordert es ansonsten viel Motivation von außen.

So wie Theo klettern heute sechs weitere Schülerinnen und Schüler der Viktor-Frankl-Schule zum größten Teil zum ersten Mal in ihrem Leben. Möglich war dieses nur mit der Unterstützung der KLETThERAPIE, durch welche ich erst auf diese Projektidee für unsere Schülerschaft gekommen bin. Ich selbst bin seit mehreren Jahren in der KLETThERAPIE tätig. Und wenn ich meine verschiedenen Stationen bedenke, ist dies auch nicht verwunderlich. Nach meinem Abitur machte ich erstmal eine Ausbildung zur Ergotherapeutin, welche vermutlich den ersten Grundstein legte. Die pädiatrische Praxis, in welcher ich neben meinem späteren Studium arbeitete, hatte bereits eine Mini-Boulderwand. Weiter berichteten mir Freunde vom Klettern und ich konnte es selbst einmal ausprobieren. Nach meiner abgeschlossenen Ausbildung begann ich das Studium zur Förderschullehrerin. Ich interessierte mich aufgrund meiner Ausbildung sehr für den körperlich-motorischen Förderschwerpunkt, studierte die Förderschwerpunkte geistige sowie sozial-emotionale Entwicklung.

Währenddessen machte ich dann 2012 den Toprope-Schein und begann in der DAV-Kletterhalle in Frankfurt, kurz nach deren Eröffnung, zu jobben. Dort lernte ich die KLETThERAPIE kennen und durfte direkt mit einsteigen. Mit der KLETThERAPIE konnte ich mein Hobby mit meinem Beruf als Ergotherapeutin und Förderschullehrerin verbinden. Das Klettern mit den Kindern und auch Erwachsenen macht mir besonderen Spaß, da es dort keine Maßstäbe gibt, an denen jemand gemessen wird. Es ist der individuelle Erfolg von jedem Einzelnen und die Freude dieser darüber, die die Zeit dort
so wertvoll und einmalig machen. Jeder Kletterer kennt die Merkmale des Kletterns und kann sich vielleicht auch vorstellen, welche therapeutischen Wirkungen es zudem mit sich bringt. Das Klettern war für meine Klasse, Jugendliche zwischen 13 und
19 Jahren, eine unglaublich wertvolle Erfahrung, denn hier können sie auch mit ihren Behinderungen neue motorische Erfahrungen sammeln und über sich hinauswachsen, ihr Selbstvertrauen stärken. 

Auch wenn unseren Schülerinnen und Schülern viele Bewegungen aufgrund körperlicher Behinderungen oder auch Handlungsplanungen und -umsetzungen aufgrund geistiger Behinderungen schwerfallen, konnte jeder auf seine eigene kreative Art und Weise klettern. Mein Team und ich, die mit mir die Gruppe auf das Klettern innerhalb einer Projektwoche
vorbereitet haben, sind verblüfft und begeistert von so vielen schönen Momenten in diesen 2 Stunden, welche uns zeigten, dass auch die Schülerinnen und Schüler diese Zeit sehr schätzten. Sie erzählten noch begeistert an den darauffolgenden Tagen vom Klettern und wünschten sich eine Wiederholung. Und wenn ich darüber nachdenke, wie ich bei der KLETThERAPIE gelandet bin, war es sicherlich auch ein großer Beweggrund, dass es einfach unglaublich Spaß macht, solche wertvollen Momente für Jedermann zu ermöglichen und mitzuerleben.

Text: Nikola Wilhelm
Bilder: Wolfram Bleul

Geändertes Organisationsteam der KLETThERAPIE:
Leitung: Monika Gruber
Vertreter: Wolfram Bleul
Vertreter: Jürgen Lilischkies

Nach dem Ausscheiden von Georg Gröger übernimmt unser erfahrener Betreuer der KLETThERAPIE Jürgen Lilischkies die Vertretung im Organisationteam und organisiert die Kurse der KLETThERAPIE im DAV Kletterzentrum Frankfurt. Wir danken Georg für seine langjährige Mitarbeit und Organisation der Kurse der KLETThERAPIE im DAV Kletterzentrum Frankfurt. Er hat jetzt die Gruppe „Vertikal Gemeinsam“ aufgebaut, es ist ein Zusammenschluss von Sektionsmitgliedern mit und ohne Handicap zum Klettern.

Monika, Wolfram und Jürgen

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