Stubaier Höhenweg: Habicht ich komme
Wanderwoche vom 15.7. bis 22.7.2018

Es ging schon gut los auf dem Campingplatz Edelweiss in Volderau im Stubaital. Wild, mit Karacho und romantisch schoss das Wasser der Ruetz in ihrem Bachbett hinab. Wir, das waren Petra, Sabrina, Ute, Gudrun, Jörg und Egbert, hatten wegen der Nähe zum Fluss und der ungewohnten Umgebung nur mäßig geschlafen. Aber jetzt startete der Tag. Wir verpackten unser Minizeltdorf in die Autos und fuhren zum Frühstück, das wir in einer Filiale des örtlichen Supermarktes mit frischem Kaffee und Wecken zur Stärkung einnahmen. Nachdem noch Thomas, Frank und Peter hinzu kamen waren wir komplett für die Stubaitour und konnten von Milders aus losziehen.

Voll motivierte Gruppe vor den Etappen der
nächsten Tage

Zum Einwandern war ein breiter Forstweg mit einer Steigung von 1:8 genau das Richtige. So konnten sich alle Teilnehmer bereits zu Anfang einmal austoben. Nach zwei Stunden stand plötzlich die Milderaunalm (1677 m) mitten im Weg. Das war ein Fingerzeig und wir kehrten ein. Von nun an verlief der Wanderweg im schönen Zickzack, gerade breit genug für einen Wanderer gleichzeitig. Man hatte die Grashalme geschnitten und die langen Halme verdeckten eine „Fallgrube“. Im nächsten Augenblick war das Bein des Tourenleiters bis zum Knie darin verschwunden. Welch ein Schock für die Teilnehmer. Aber der Tourenleiter konnte sich daraus befreien und weiterlaufen.

Habicht und Glättespitze

Der Anstieg aus der Kerrachgrube hatte es in sich. Er verlief steil und in Kehren. Für einen Teilnehmer war der Anstieg so, als wenn man ihm Steine in den Rucksack hineingelegt hätte. Das war Grund genug ihm seinen Rucksack abzunehmen und, nachdem wir oben auf dem Ring angekommen waren, zwischen uns aufzuteilen. Er bekam seine Sachen in der Hütte wieder. Eine Ringelnatter hatte sich wohl auf einem Stein gesonnt, als wir ankamen verzog sie sich schnell. An der Neuen Regensburger Hütte (2287 m) angekommen, war nicht viel Zeit uns frisch zu machen und die Lager zu beziehen. Das Abendessen rief und auch gleichzeitig das Endspiel zur Fußball-Weltmeisterschaft. Am Abend haben wir uns dann zu siebt das Lager für vier geteilt. Jedoch, erholsamer Schlaf sieht anders aus.

Hohes Moos

Der neue Tag begann wunderschön sonnig. Jedoch ging es Peter gesundheitlich nicht gut und er wollte eine „Pause“ einlegen. Die sah vor, von der Hütte abzusteigen und als Backup mit der Gondel zur Dresdner Hütte aus aufzusteigen. Also trafen wir uns am Ende dieser Etappe wieder. Das Hochmoor hinter der Neuen Regensburger Hütte, durch das der Stubaier Höhenweg verlief, war wunderschön, romantisch und idyllisch. Erst als der versicherte Anstieg zum Grawagrubennieder anstand, wurden wir aus dem schönen „Traum“ wieder in die Wirklichkeit entführt. Oben auf der 2881 m hohen Scharte, hätten wir auch zur Ruderhofspitze ansteigen können. Am Mutterberger See vorbei und in die Wilde Grube hinein. Die Brücke über den zahmen Ruetzbach kam uns, nachdem wir einige Kilometer flussabwärts die Wildheit des Flusses gehört hatten, unwirklich vor. Unerbittlich führte uns der Weg nun über den Egesengrat zur Dresdner Hütte (2308 m). Einige Teilnehmer beschlossen die von Egbert angebotene Trittschulung anzunehmen. So ging es für eine Stunde über Platten hinauf und hinab, über die Spitzen von Blöcken hinweg und immer wieder mit kleinen Schritten bergauf. Es war wohlweißlich die richtige Entscheidung, dass wir dieses Handwerkszeug die nächsten Tage gut und sinnvoll gebrauchen konnten.

Großer Trögler (rechts) mit Pfaffenknollen

Am nächsten Tag teilten Peter und Frank mir ihre Entscheidung, die Tour aus gesundheitlichen Gründen abzubrechen, mit; das war schade. Damit waren wir nur noch zu siebt. - Die Hütten angerufen und zwei Betten storniert. Na hoffentlich geht das jetzt nicht so weiter. – Jedenfalls war es sonnig und das Ziel, der Große Trögler mit 2902 m, lachte uns auch schon von der Hütte aus zu.

Eingeschliffener Fernaubach

Die Aussicht von dort oben war herrlich. Wir saßen dem Zuckerhütl, dem Wilden Pfaff und dem Wilden Freiger gegenüber. Auch die Trittschule des Vortags machte sich heute bezahlt. Anschließend stiegen wir im Pfaffenlehner ab und sind an der Sulzenauhütte (2191 m) zur Mittagszeit angekommen. Kurz vor der Hütte trafen wir auf eine Herde Walliser Schwarzhalsziegen. Das zottelige, lange Fell ist je zur Hälfte weiß und schwarz. Sie stellen mit einer Widerristhöhe von 70 bis 85 cm und einem ausladenden Gehörn eine imposante Erscheinung dar. Die Nürnberger Hütte erschlossen wir uns über die Mairspitze (2775 m). Von dort aus gab es unter anderem einen Blick entlang des Stubaitals hinüber bis zu den Tuxer Alpen. Von ein paar bedrohlich aussehenden Regenwolken abgesehen, von denen wir nur einige Tropfen abbekommen haben, sind wir fröhlich auf der Hütte nach 6 Stunden angekommen.

Aufstieg zum Simmingjöchl

Mit 4 Stunden war der Steig zur Bremer Hütte eine kurze Etappe, obwohl wir uns nicht beeilten. Es ging durch das Paradies, wo wir vier Steinböcke zu Gesicht bekamen. Ein lieblicher Bach floss durch das Hochmoor hindurch und auf einer kleinen Insel entdeckten wir Wollgras. Dann stieg der Weg hinauf über ein kleines Schneefeld. Aus dem ersten Weltkrieg stand auf 2735 m eine Zollhütte, die den Hochpunkt des Simmingjöchls andeutete. Zur Bremer Hütte, die auf 2411 m liegt, führte der Steig wieder hinab.

Wilder Freiger, Wilder Pfaff, Zuckerhütl

Für die Fitten unter uns ging es danach auf die Äußere Wetterspitze (3065 m) hoch; zuerst als Wanderweg, dann mit versicherten und unversicherten Stellen. Wir haben dann die Zollhütte von oben gesehen und einen Paraglider, der sich nach oben wand, aber auch unser übermorgiges Ziel: den Habicht. Von oben konnte man beim Wilden Freiger, Wilden Pfaff und Zuckerhütl die weiten und spaltenreichen Gletscher erkennen.

Äußere Wetterspitze und Rötespitze

Der nun folgende Tag brachte eine der längsten Etappen des ganzen Stubaier Höhenwegs mit sich. Wir starteten bei strahlendem Sonnenschein. Die Zeichen in der Karte deuteten auf einen steilen, versicherten Steig bis zum Lautersee hin. Wir legten zum Teil Hand an und einige knifflige Wegstücke waren in einem abschüssigen Kamin zu überwinden. Der Lautersee auf 2423 m stand am Ende der Quälerei und überzeugte uns durch seine Schönheit und Eleganz. Ein Ab- und Wiederanstieg zur Hohen Burg auf 2540 m und dann lag das Plattental vor uns.

Am Sendesgrat mit der Glättespitze

Es ging die Waswige Wand zum Trauljöchl hoch und weiter zur Pramarnspitze, 2504 m. Von dort aus blickten wir zurück zur Bremer Hütte. Ein Milan rüttelte in der Luft nach seiner Beute. Ein Wiesel war flink zwischen den Steinen unterwegs. Als letzte Hürde war der Sendesgrat kurz vor der Innsbrucker Hütte (2310 m) zu überwinden. Er hatte etwas Jähes, weil er zu beiden Seiten steil anstieg. Dennoch waren wir recht bald am Ziel angekommen.

Jetzt war Zeit für ein Stück Kuchen mit einem Cappuccino. Die Eifrigen wollten nicht so lange warten und stürmten sofort auf die Kalkwand (2564 m) fort. Doch oh weh, Jörg hatte seine Regenjacke auf der Bremer Hütte vergessen. Nach einem Telefonat mit der Hüttenwirtin war klar, dass er sie wohl morgen mitgebracht bekäme. Nur zu gut, dass wir einen Gipfeltag eingeplant hatten.

Schwarze Wand, Gschnitzer Tribulaun und Pflerscher Tribulaun
Gipfelkreuz am Habicht

Der morgige Tag brachte zunächst noch Sonnenschein mit sich und wir starteten auf den Habicht (3277 m). Nach anfänglichem Geröllanstieg mussten wir immer öfter die Hände hinzunehmen und uns zum Teil an den Stahlseilen hochziehen. Das Toteisgletscherfeld konnten wir umgehen und den steilen Gipfelaufbau in einspuriger Richtung mit kraftvollen Hüben überwinden. Im Laufe des Vormittags änderte sich das Wetter. Der Aufstieg auf den Habicht war beschwerlich, stellenweise steil und an den ausgesetzten Stellen mit Drahtseilen versichert. Wir kamen oben an, aber statt der vorgestellten Weite blickten wir nur zunehmend in ein Weiß aus Wolken mit ab und zu einem der umliegenden Gipfel. Der Habicht ist ein 7-Summits der Stubaier und hat deswegen einen Stempel. Wenigstens den konnten wir für uns ergattern. Wir benötigten 3 Stunden für den Aufstieg und genauso lange für den Abstieg. Wieder unten angekommen, verfinsterte sich der Himmel und es goss wie aus Kübeln. Mittlerweile war es Abend geworden. Jörg saß gegrillt wie auf Kohlen. Um halb neun kam die Erlösung in Erscheinung des Hüttenwirts um die Ecke und er hatte die Regenjacke dabei.

Abstieg vom Habicht

Ich mochte mir nicht ausmalen, wie die Tour zu Ende gegangen wäre, wenn er die Regenjacke nicht bekommen hätte, denn es regnete heftig als wir am nächsten Tag losgingen. Zum Glück ging es auf gutem Weg bergab. Da kamen plötzlich drei Gämsen aus dem Tal hinaufgesprungen und waren sofort wieder in unerreichbare Höhen verschwunden. Auf der Karalm (1747 m) entblätterten wir uns, weil der Regen aufgehört hatte. Wir schlugen den Panoramaweg zur Elferhütte (2087 m) ein. Doch war von Panorama nichts vor lauter Wolken zu sehen. Unterwegs galt es mächtig aufzupassen. Dort wimmelte es vor schwarzen Alpensalamandern. Die Kühle des Regens machte sie unbeweglich, so dass sie auf dem Bergweg festhingen. Als wir an der letzten Etappe, der Bergstation der Kabinenbahn auf 1794 m, angekommen waren, haben wir uns getrennt um 800 m hinab zu fahren oder zu laufen.

Wir schlugen eine Direttissima über die Skipistentraße ein. Wo es zu steil wurde, gingen wir den begleitenden Mountainbike-Trail. Aber Vorsicht, aus eigener Erfahrung weiß ich jetzt, dass man den Trails nicht trauen darf und sich insbesondere bei nassem Wetter langlegt. In Neustift angekommen, hatten wir zusammen unseren Abschlusskaffee getrunken und eine Stärkung für die Heimfahrt mitgenommen. Sabrina und Petra hatten noch eine Anschlusswoche in den Ötztaler bzw. in den Zillertaler Alpen. Für uns andere ging es wieder zurück nach Hause.

Bilder und Text: Egbert Kapelle

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