Pfingsttour Fränkische Schweiz

10.05.2008 - 12.05.2008

„Das klappt ja schon sehr gut mit mir hier beim Klettern.“ Wenn das eine Dreijährige murmelt, während sie auf allen vieren einen Steig hochkrabbelt – dann ist klar, was abgeht: die Familiengruppe 2 ist wieder unterwegs. Diesmal, Pfingsten 2008, war es im Frankenjura. 3 Tage waren wir dort und wohnten in der Düsselbacher Hütte bei Vorra im Pegnitztal, einem DAV-Selbstversorgerhaus mit supernettem Hüttenwirt und toll naturgekühltem Vorratskeller. „Wohnen“ ist aber eigentlich übertrieben, denn meistens waren wir - 8 Erwachsene und 6 Kinder zwischen zwei und 7 Jahren – auf Tour.

Samstagmittag, nach Treffen in der Hütte und Imbiss, geht es los. Norissteig heißt das Ziel dieses Tages: eine waldige Route mit luftigen Klettersteigpassagen, von der wir uns ein Teilstück vorgenommen haben. Natürlich sind unsere Kinder fast alle noch zu klein für Gurt und Klettersteigset. So umgehen wir die Stellen auf Wanderpfaden. Aber die Kinder schauen fasziniert zu, wie andere Gruppen im Klettersteig agieren, wie Erwachsene hoch über unseren Köpfen am Drahtseil hangeln. „Amtsknechtshöhle“ heißt zum Beispiel eines der Felsgebilde, wo die Klettersteiggeher plötzlich in einem Loch verschwinden und ein Stück weiter oben wieder auftauchen. Da stehen unsere Kleinen staunend und schauen zu, während sie ins Brötchen und den Apfel beißen. Die 6- und Siebenjährigen in unserer Gruppe lassen sich anstecken und kraxeln schnell mal den (einfachen) Felsen in unserem Rücken hoch.

Weiter geht es durch den Wald, bergauf, bergab, wir rutschen einen laubbedeckten Hang herunter und erreichen das Noris-Törle. Der erhöhte Felsbogen mit schöner Aussicht ist unser Umkehrpunkt. Wir steigen rauf, hocken uns zum Gruppenfoto in den engen, ausgesetzten Bogen, rasten noch ein bisschen und machen uns dann auf den Rückweg.

Abends wird gegrillt. Wir haben alles mitgebracht: Fleisch, Würstchen, Salate, Brot, Ketchup – nur keinen Fön. Den aber brauchen wir dringend, wie wir feststellen, weil der gemauerte Grill nicht richtig zieht... Aber da ist ja der Hüttenwirt, der kennt das Problem und hat den Haartrockner parat. Und außerdem das fränkische Braugut, das wir Erwachsenen uns an diesem und dem folgenden Abend schmecken lassen.

In den Hüttenlagern schlafen wir fast alle gut in dieser ersten Nacht. Nur wenige von uns schrecken ab und zu hoch, wenn 20 Meter vom Haus entfernt wieder ein Pendolino oder ein Güterzug über die Bahntrasse rast. Schon in der zweiten Nacht wird sich niemand mehr dran stören.

Sonntag. Heute steht der Eibgrat auf dem Programm: eine mehrstündige Waldwanderung, auf verschlungenen Pfaden an einem Felsgrat entlang. Die Tour enthält Steigpassagen, die Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erfordern. Kinder, die ein bisschen ängstlicher sind, können diese Stellen am Felsfuß umgehen. Das tun einige in unserer Gruppe auch, aber nur am Anfang: Dann ist der Reiz des Felsens stärker, und wohl das Gefühl: Wenn die anderen das schaffen, dann will ich das auch. Irgendwann krabbeln alle Dreijährigen oben rum, immer mit einem Erwachsenen dicht dahinter. Die Sechs- und Siebenjährigen dürfen schon mal ein Stück vorgehen. Am Schluss des Grats klettern wir die steile Eisenleiter runter. Von da an geht es nur noch bergab, und das ist gut so: Das Auf und Ab hat viel Kraft und Energie gekostet. Auf der Rückfahrt im Auto schläft manches Kind sofort ein.

Womit dann wieder Power da ist, an der Hütte noch Ball und Verstecken zu spielen und in den Lagern zu toben. Abends gibt’s Spaghetti mit diversen mitgebrachten Soßen. Noch ein, zwei Geschichten vorlesen, und die Kleinen schlafen tief und fest.

Und die Erwachsenen? Holen die Flaschen mit steingekühltem Braugut aus dem Keller.

Pfingstmontag, der letzte Tag: Nach dem üppigen Frühstück mit Müsli, Brötchen, Käse, Wurst, Nutella, Kaffee, Milch, Kakao ist heute Höhlenforschung angesagt. Wir haben uns die Geishöhle ausgesucht, unerschlossen, mitten im Wald und 145 Meter lang. Sie besteht aus mehreren Kammern, die teils nur durch schmale Schlitze verbunden sind. Nach einer halben Stunde Zustieg rüsten wir uns für die Exkursion: Regenhose, Regenjacke und Helme werden angezogen, dazu Stirn- oder Taschenlampe. Sechs Meter müssen wir über eine matschige Schräge runtersteigen, dann beginnt die eigentliche Höhle. Der Einstieg kommt den Jüngsten (und Kleinsten) der Gruppe entgegen: ein ca. 20 Meter langer Tunnel, Höhe etwa 1,20 Meter, muss durchquert werden. Danach weitet sich der finstere Raum zu einer Halle, da können alle wieder aufrecht gehen.

Die Höhle ist ein richtiges Abenteuer, nicht nur für die Kinder: nur Lehm und Matsch, überall Pfützen, sogar ein kleiner See, es tropft von oben, rinnt an den Wänden, riecht klamm und kalkig. Die Finsternis wird nur durchbrochen von unseren Lampen, Orientierung erfordert Konzentration. Alexandra traut sich als erste, sich mal so richtig dreckig zu machen, und rutscht durch einen der schmalen Schlitze, um zu gucken, was es dahinter ist. Andere Erwachsene tun es ihr nach und zwängen sich mal hier, mal da in einen engen Schacht. Die kleineren Kinder sind ganz still, suchen die Nähe und die Hände der Erwachsenen. So gern sie sonst auch im Schlamm matschen: hier, in der Dunkelheit, ist ihnen die Sache auch ein bisschen unheimlich. Als wir wieder draußen sind, sind alle stolz und noch ein bisschen aufgeregt.

Mit der Höhlenwanderung ist diese imposante Pfingsttour zu Ende – fast. Einige Erwachsene suchen sich noch einen Kletterfelsen, andere (vor allem die Kinder) zieht es in die Eisdiele. Randvoll mit Erlebnissen und Eindrücken, haben sich alle wieder ein bisschen besser kennengelernt.

Auch die Eltern ihre eigenen Kinder, übrigens. Wir wollen zum Schluss nicht verhehlen, dass uns durchaus bewusst ist: Wir trauen unseren Jüngsten einiges zu. Da kann es durchaus passieren, dass wir sie an ihre Grenzen stoßen. Es kann passieren (und ist im Frankenjura auch passiert), dass ein Kind sich, nach vier Stunden unterwegs, mitten auf den Weg hockt und den totalen Sitzstreik ausruft. Oder dass ein anderes tobt: „Ich such mir jetzt andere Eltern!“ So was passiert leider. Aber es passiert auch, dass abends im Bett das bisher namenlose Kuscheltier plötzlich getauft wird und auf einmal „Kletterwand“ heißt.  

Ursula Rüssmann

zurück