Sommerfahrt nach Korsika

18.08.2014 - 30.08.2014

Mit der Familiengruppe 2 auf Korsika

Vieles war neu bei unserer diesjährigen Sommerfahrt: Noch nie waren wir zwei Wochen gemeinsam unterwegs, noch nie außerhalb der Alpen, noch nie in einem fremdsprachigen Land, noch nie hatten wir so lange gezeltet. Dieses Abenteuer sind fünf Familien der Gruppe 2 eingegangen; neun Erwachsene und acht Kinder im Alter von 4 bis 13 Jahren. Eine weitere Familie musste leider krankheitsbedingt absagen.

Die mit der Insel bestens vertraute „Reiseleitung“ hatte verschiedene Ecken der Insel ausgesucht, an denen wir jeweils für ein paar Tage geblieben sind. So konnten wir ohne lange Autofahrten verschiedene Facetten der Insel sowohl im Inland als auch an den Küsten kennenlernen. Immer gab es in der Nähe des Campingplatzes interessante Kurzwanderungen oder Ausflüge für die „Kleinen“ (inkl. lauffauler älterer Kinder) und anspruchsvollere Touren für die „Großen“. Und fast jeden Tag konnten wir im Meer oder einem Fluss baden.

Im Nordwesten: Baden, Klettern und Piraten

Die ersten Tage verbrachten wir im Nordwesten der Insel nahe Ile Rousse auf einem Campingplatz am Strand. Das tägliche Bad im Meer war damit natürlich „gesetzt“, aber dabei blieb es nicht: Im Forêt de Bonifatu wanderten wir den Fluss Figarellu entlang und badeten in Gumpen. Die „Großen“ sind diese Strecke weiter bis zum Refuge Carrozzu und zurück gelaufen. Die Kletterausrüstung brauchten wir am nächsten Tag auf der Ile Rousse vorgelagerten Halbinsel. Direkt oberhalb einer kleinen Bucht mit Steinstrand konnten wir einige schöne Plaisir-Routen klettern, während der Rest der Gruppe am oder im Meer war.

Spannend für die Kinder wurde es am darauffolgenden Tag, als wir von Lumio aus nach Occi hochstiegen. Dieses Bergdorf war im 19. Jhd. immer wieder von Piraten überfallen worden, woraufhin die Bewohner eines Tages vor über 100 Jahren die Nase voll hatten, ihre Sachen packten und das Dorf dem Zerfall überließen. Heute kann man zwischen den Ruinen umherstreunen, in die zerfallenen Häuser (ein eingemeißeltes Baujahr war 1785!) hineinschauen und, auf dem ehemaligen Dorfplatz sitzend, seiner Phantasie freien Lauf lassen … Wie haben die Menschen hier wohl gelebt?

Die Gruppe der Ambitionierten war hier früh am Tag auch vorbeigekommen, ist dann aber durch weitere, bewohnte Bergdörfer bis zum Campingplatz gelaufen, unterwegs noch mit Gipfelbesteigung des Monte San Angelu (562 m). Den letzten Tag verbrachte jeder für sich; die Einen gammelten am Zeltplatz und Strand herum, andere machten eine Wanderung, noch andere eine Spritztour durch schnuckelige Bergdörfer der Balagne.

Im Zentrum: Baden, Springen und ein hoher Gipfel

Danach ging es für drei Tage in die Berge. Der schöne Campingplatz lag direkt am Bahnhof von Tattone (Höhe 800 m), so dass wir tags drauf ganz ohne Autos mit dem Zug nach Corte fahren konnten. Vom Städtchen aus wanderten wir über einen alten Maultierpfad in das (auch heute noch straßenfreie) Tavignanotal hinein. Die „Kleinen“ stiegen nach ca. einer Stunde hinab zum Fluss, die „Großen“ gingen noch ein ganzes Stück weiter, bis sie am „Schwarzen See“ landeten, einer traumhaften Badestelle mit großen, tiefen Becken und Möglichkeiten für Wassersprünge. Aus 3 m Höhe sprangen noch die meisten; aus über 10 m Höhe traute sich nur Andreas.

Wiedergetroffen haben sich beide Gruppen zum Eisessen auf dem zentralen Platz von Corte, und gemeinsam ging es dann mit dem Zug zurück zum Campingplatz … in die Kälte. Ja, nach Sonnenuntergang wurden die Temperaturen ungemütlich, und selbst warm angezogen hielt man es nicht lange draußen aus. Deshalb packten wir auch einen Tag früher als ursprünglich geplant unsere Sachen zusammen und zogen in tiefere, wärmere Gefilde – mit Zelten ist man ja flexibel!

Zuvor aber machten Andreas und Martin noch ihre größte Tour dieses Urlaubs, die Besteigung des Monte d’Oro, der mit 2389 m der fünfthöchste von über 70 Zweitausendern auf Korsika ist. Die schwierigste Passage galt es gleich zu Beginn, um 6:30 Uhr, zu meistern: Eine Kletterei 3. Grades über den Zaun des abgeriegelten Campingplatzes. Gut, dass das Auto außerhalb parkte! Ab Vizzavona ging es, zuletzt an Schneefeldern vorbei, 1500 Höhenmeter hoch, bis um 11 Uhr der ungemütliche Gipfel erreicht war. Der Abstieg war teils schwer zu finden, da halfen auch die „berühmten“ korsischen Steinmännchen nicht wirklich weiter … Schließlich trafen die beiden dann gegen 16 Uhr auf den Rest der Gruppe, der sich an den Cascades des Anglais im und am Wasser vergnügte.

Im Osten: Baden, Bavella und ein großes Loch

Die nächste Station hätte ein Campingplatz bei Solenzara an der Ostküste werden sollen, aber vor Ort mussten wir feststellen, dass er wenige Tage zuvor komplett niedergebrannt war. Damit begann eine längere, nervige Suche nach einer Alternative. Schließlich landeten wir knapp 20 km von der Küste entfernt auf einem Campingplatz direkt am Fluss Solenzara. Auch hier gab es große und kleine Badebecken mit Inselchen, Wasserfällen, Steinlandschaften, und das alles quasi direkt vor’m Zelt. Und das Wasser war gar nicht so kalt! Herrlich!

Von hier aus machten wir natürlich Touren ins Bavella-Massiv. Die „Großen“ liefen vom Col aus den GR20 bis zur Paliri-Hütte; die „Kleinen“ machten einen Rundweg zum „Trou de la Bombe“, einem Loch von 8 m Durchmesser in einer Felswand. Für die 4-Jährige Merle war das mit 2 h Wanderzeit laut Rother-Führer eine richtig lange Tour, die sie aber gut bewältigt hat, auch dank der intensiven Begleitung und Ablenkung durch die größeren Kinder. Super gemacht! Leider war es an diesem Tag wolkenverhangen, so dass wir nicht viel von den (theoretisch schönen) Ausblicken hatten.

Im Süden: Baden, Bouldern und Bonifacio

Letzte Station unserer Gruppenfahrt war ein Campingplatz im Süden der Insel an der Kevano-Bucht, 20 km westlich von Bonifacio. Hier liegen schöne Boulder-Klötze mitten auf dem Campingplatz herum; wer mag, kann (Boulder-) „Probleme“ auf dem Weg zum Zähneputzen lösen. (Wie praktisch, die Zahnbürste ist dann vielseitig verwendbar). Zum ziemlich leeren Sandstrand ist es nur ein kurzer Fußweg; hier gibt es kaum Tourismus, und ohnehin beginnt jetzt, Anfang September, auf Korsika schon die Nebensaison. Am ersten Tag fuhren wir nach Bonifacio, um vom Küstenwanderweg aus die einmalige Lage dieser Stadt zu bestaunen: Die Oberstadt steht auf einer schmalen Landzunge 70 m hoch über dem Meer; die ausgewaschenen Kreidefelsen fallen senkrecht hinab oder sind sogar überhängend. Jede Familie lief für sich noch ein bisschen durch die Stadt und am Hafen entlang.

Für den letzten gemeinsamen Tag der Gruppe auf Korsika hatten wir noch etwas ganz Besonderes vor: Nach kurzer Autofahrt ging es zu Fuß weiter über einen versteckten Pfad durch die Macchia (wie das dort vorherrschende, dichte Gestrüpp heißt) zu einem Küstenabschnitt mit irren Felsformationen zum Rumklettern, Bouldern, Hineinklettern. Hier verbrachten wir fast den ganzen Tag und waren dabei, abgesehen von zwei weiteren Urlaubern, komplett unter uns. Wunderschön, einsam, Natur pur – sowas kann man auf Korsika immer noch finden!

Überall: Spaß, Heringe und Dreck

Am letzten Abend haben wir in großer Runde auf unsere 14 gemeinsam verbrachten Tage zurückgeblickt. Spaß hat’s gemacht, vieles haben wir gesehen, ein bisschen anstrengend war es auch. Gelernt haben wir, dass Kinder das Zelten nicht automatisch gut finden (z.B. wenn sie nachts, auf dem Weg zum Klo, über Heringe und Leinen stolpernd „Sch*** Camping!“ fluchen), und auch nicht alle Erwachsenen („Mir reicht’s jetzt an Dreck!“). Für einzelne Teilnehmer war die Zeit mit der Gruppe zu lang; andererseits bot diese Art, Urlaub zu machen, auch mehr Möglichkeiten für Rückzug und Individualität, als man es in Hütten und Herbergen hat (mit typischerweise nur einem Aufenthaltsraum und festen Zeiten für fremdgekochte Mahlzeiten).

Unterm Strich waren alle sehr zufrieden, wenn nicht sogar begeistert von der „Ile de Beauté“, dem „Gebirge im Meer“.

Organisation & Text: Wiebke Reimer
Fotos: S. Kramer, A. Braun, A. Weinhardt, W. Reimer

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