Jahresbericht 2018

Bei uns nicht traditionell, aber das Höhlenjahr 2018 startet mit dem Dreikönigstreffen auf dem Dachboden !  Naja, Julius, Ulrich und ich bewegen uns im hessischen Herbstlabyrinth in weißen Schutzanzügen und Überschuhen in dem besonders delikaten und fragilen Bereich des sog. Dachbodens. Eigentlich tatsächlich wie die Engel im Himmel J - zumeist schwebend. Bei der Entdeckung wurde das Kleinod vermessen. Nun beim zweiten und letzten Besuch, wird es in fotografierender Weise ausgiebig dokumentiert. Beim Rückzug, es geht sehr eng und gewunden durch herausfordernde Passagen, bauen wir aus Gründen des Höhlen- und Naturschutzes die Seile wieder ab und unterbinden damit wie vorher abgemacht den weiteren Zugang.

Ganz anderer Natur ist später eine Befahrung der tiefsten hessischen Höhle (-112m), der Schwinde C, bei Regen und Schneeschmelze im Februar, also bei sattem ablaufendem Hochwasser. Ja, wir wissen was wir da im doppelten Vollneo tun. Der Pegel des Erdbachs, sowie der Wetterbericht samt Strömungsfilmen und Temperaturen, wurden stundengenau passend ermittelt. Ohne penible Vorbereitung geht so etwas überhaupt nicht. Durch die Wasserfälle geht es vorsichtig nach unten. Bald sehen wir, dass der bei normaler Feuchte extra hochwassersicher angelegte Weg, unter einem kräftigen Wasserfall liegt, also bei echtem Bedarf keinen Rettungsweg darstellt. Eine andere Wegführung ist da besser.  Phänomenal ist der Lärm, welcher maximal Brüllen zur Verständigung zulässt. Auch spannend ist bei so einer Lage die Beobachtung, wo da überall Wasser hervorschießt und drückt. Bei Trockenheit lassen sich dann dort weitere Passagen erforschen. Doch dass 2018 so ein trockenes Jahr wird, hätten wir uns da unter der kalten Dauerdusche stehend absolut nicht träumen lassen.

Viel Vorbereitungszeit ist auch für den Vortrag im März über die Forschungen in der Kreuzhöhle aufzubringen. Ungewöhnliche Bilder und Filmeinspielungen machen die Sache erlebnisreich. Danke für den gut gefüllten Saal, hat Spaß gemacht mit Euch.

Schon ist Ostern und die tatsächlich traditionelle Ostertour führt ins südliche Frankreich in den Lot (ca. 200km vor Toulouse). Das Frühlingserwachen findet mit 18 Höhlenforschern in zahlreichen tollen, tropfsteingeschmückten Höhlen statt. Fantastisch, zumal man öfter nur über fast 100m tiefe Direktschächte (ab Waldboden senkrecht hinab, Achtung Spaziergänger J )  an die brillianten Fotomotive kommt. Auch das Bootfahren auf der Celé in der Sonne und auf einigen Höhlenseen im ewigen Dunkel wird sehr genossen. Eine sehr ausgewogene, denkwürdige Tour mit vielen echt netten Leuten und auch etwas Trainingscharakter.

Anfang Juli dürfen 13 Höhlenfreunde endlich wieder nach Lofer zu Kathi, dreieinhalb Stunden auf die von-Schmidt-Zabierow Hütte hinaufschwitzen. Hauptsächlich angereist wegen des köstlichen Kaiserschmarrns, werden nebenbei vor allem viele Höhlenseile, Anker, Karabiner, Bohrmaschinen, 20kg Höhlenfutter, Isomatten, Kocher,  etc. , auf den Berg und in die Forschungshöhlen verbracht. Einige Ausrüstung für 3 neue Biwaks ist nötig geworden. Neben verschiedenen bis jetzt kleinen Neuentdeckungen wird die Kreuzhöhle in einer 11h-Tour bis hinter den Block des Pharao bei -200m befahren und dort 5 schwere Schleifsäcke voller Allerlei für September deponiert – diebstahlsicher denke ich.

Der Eurospeleo, dem Kongress der wissenschaftlichen Höhlenforschung samt Höhlenforschern, wird im August in Ebensee am Traunsee in Österreich entgegen gefiebert. Mit vielen Freunden und Bekannten fährt man hin, nur um sich bald von noch mehr Freunden und Bekanntschaften aus aller Welt voller Urlaubs- und Forschungsideen wieder verabschieden zu müssen. Nur 6 Wochen Urlaub pro Jahr ist einfach eine Quälerei. Drei lange Exkursionen in nahegelegene Großhöhlen wie die Hirlatzhöhle bei Hallstadt, oder das Schönberghöhlensystem werden genossen. Abends gibt es tolle bildreiche Vorträge um danach in und um die Speleo-Bar das Zusammensein in lauesten Sommernächten zu vertiefen.  Am jeweils selben Morgen geht es dann wieder früh los … , das versteht sich von selbst.  Julius gewinnt die Goldmedaille bei den Speleo-Olympics – hervorragend !

Nach dieser echt harten Zeit geht es im Anschluß zum Entspannen direkt nach Lofer in unser Sommercamp. Dort oben wartet der Neuschnee auf uns (jaja, im August) und der einstimmige Beschluß lautet „in der Hütte ist es auch schön“ (und es gibt Kaspress-Knödel der Spitzenklasse). Trotzdem rücken wir für 3Tage und 2 Biwaknächte in den eisigen ORO-Freezer ein. Auf -270m unter langen Schächten und hinter separierenden Engstellen haben die Höhlenfossilien Bernd und Oli mit Fred und Björn einigen Spaß beim Entdecken und Vermessen von Neuland. Der neue Gang namens „Pokalsieger 2018“ freut uns Frankfurter natürlich ganz besonders. Und es geht dort noch weiter … , Jungforscher regt Euch bitte !


3 Wochen später am 22. September stehen wir schon wieder vor der Hütte auf den Loferer Steinbergen. Die lange Forschungswoche in die Kreuzhöhle steht an. Radu aus Rumänien, Tom, Mark, Marvin und Oli. Alles und alle sind Bestens vorbereit, sogar das Wetter spielt mit. Es schneit erst als wir schon tief in der Kreuzhöhle sind, berichtet uns unser Wettermann Marvin von draußen !  Radu und Tom haben 4 anstrengende Forschungstage ab dem zentralen Biwak in Halle 1  (-380m) vor sich und gelangen nach und nach bis auf ca. -700m über die Westschächte hinab.  Mark und ich haben den härtesten Tag mit 8 Schleifsäcken plus zeitweise 50m Seil frei am Arm, durch den Schmelzwasser nassen „Niehammawassa“ hinab in die Halle der Träume. Dort suchen wir einen gemütlichen, leisen Schlafplatz und werden im Tunnel der Träume bei -680m fündig.

Als dann morgens wieder der  Kocher brummt und die Höhlenfunkstation installiert ist, geht die berühmte SMS raus, auch an Ute. Über den sog. Guanoschacht seilen wir bis -782m an eine unpassierbare Spalte ab, doch am Ende der Hinkelsteinhalle wartet ein hoffnungsvolles Blasloch in 2019 auf uns.  Nach 5 Biwaknächten und 6 Tagen und 3 Stunden non-stop im Berg, sehen wir Abends die Sonne wieder – und später natürlich den Kaiserschmarrn   (in voller Größe zum Nachtisch) .

Da kein Monat ohne Höhlenbesuch bleiben kann, startet die große Höhlen-, Wein- und Käsefahrt Ende Oktober in den französischen Jura – auch schon Tradition. 19 Anmeldungen ergeben dann 17 Personen vor Ort im beliebten und in eingeweihten Kreisen weithin bekannten Amathey-Vesigneux. Dieses Kuhdorf finden wir selbstverständlich auch bei Nacht und ohne Licht. Wegen der inzwischen katastrophalen Dürre, die Flüsse im Karst liegen wahrhaftig trocken da und man weiß nicht wohin mit den unverdünnbaren Abwässern – befahren wir vor allem Wasserhöhlen. An einigen Stellen konnte man aufrecht durch die ehemaligen Siphone marschieren, an anderen Stellen überraschenderweise nicht. Der Megakracher der Woche ist mal wieder die Durchquerung des Verneau-Systems, diesmal jedoch gegen das Wasser von unten bei Nans-sous-St. Anne, über 400 Höhenmeter nach oben, bis man bei Deserviller wieder heraus kommt.  15 Stunden Daueraktion wurden am Ende noch getoppt, als zwar Nachts um Zwei das Auto im kalten Novemberwind vor dem Ausgang stand, jedoch der Autoschlüssel in Carstens Jacke in der Unterkunft schlummerte !   Zum Glück konnten wir Marvin als Schlüsselboten aus den Federn klingeln.

Der  Jahresendspurt setzt mit „Double Trouble“, ca. 30m vertikales Neuland über dem Erdbach, im Herbstlabyrinth Akzente (nun 12,5 km Ganglänge in HESSEN !). Auch das DAV-Jubiläumsjahr rückt greifbar näher. Zum Höhlenfoto-Summit kommen über 100 fantastische Aufnahmen zusammen. Nach vielen Stunden Diskussion werden diese auf 53 Edelbilder und einen Jubiläums-Höhlen-Wochenkalender eingedampft. Dieser wird gerade noch rechtzeitig zur Weihnachtsfeier aufgelegt und verteilt. 36 Jahre Höhlengruppe und 150 Jahre DAV gilt es zu feiern.

Dazu habe ich für die Pressemappe unter anderem erstmals versucht das Jahr auch in Zahlen begreifbar zu machen.  In Summe waren die Frankfurter Höhlenforscher ca. 2.000 Stunden unfallfrei unter Tage und sind ca. 20.000 Höhenmeter in den Höhlen abgeseilt (und auch 20km wieder am Seil hoch !!!).

Wahrscheinlich ist das abgrund-tiefe Leidenschaft !!!

Oliver

 

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