Die 8 Gefährten auf der Rauhekopfhütte

„Da oben, das ist eine ganz andere Welt“, sagte der Mitarbeiter eines Sportgeschäfts, als ich ihm vom geplanten Gletscherkurs erzählte. Meine Erwartungen an den DAV-Kurs „Alpine Schnuppertage im Kaunertal“ änderten sich durch diese Aussage nicht (ein bisschen klettern, ein bisschen Gletscherluft schnuppern), wohl aber steigerte sie meine Vorfreude und Aufregung.

Klettersteig

Am Mittag des 24. August war es endlich so weit; die sechs Abenteuerlustigen trafen sich im hintersten Kaunertal auf dem Gepatschhaus (1928m), wo wir die erste und letzte Nacht verbringen sollten, mit den beiden Trainern Chrissi und Andreas. Nach einem kurzen Plausch ging es direkt los: Klettermaterial einpacken und Abmarsch zum nahegelegenen Klettergarten. Alle entschieden sich für den am Wasserfall angelegten Klettersteig und die meisten Teilnehmenden (bereits mit Klettererfahrung) düsten quasi bergauf. Für mich war es der erste (und nicht der letzte) Klettersteig und die erste Herausforderung dieser Tage.

Pünktlich zum Essen waren wir zurück und nach Schnitzel mit Pommes (der Nachschlag zauberte vielen ein Lächeln ins Gesicht) stand die Planung der nächsten Tage auf dem Programm: kurzer Plausch, Material checken, Rucksäcke packen, ab ins Lager.

Aufstieg Gletscherzunge

Nach einer kurzen und unruhigen Nacht traten wir mit vollgepackten Rucksäcken den Weg zur 2731m hoch gelegenen Rauhekopfhütte an. Über einen schönen Höhenweg erreichten wir nach etwas mehr als 2 Stunden das Gletschertor. Bereits der Anblick der Gletscherzunge war fantastisch und machte Lust auf mehr. Es hieß also Gletscherausrüstung anziehen (Helm, Steigeisen, Gurt, Eispickel) und erste Gehversuche starten. Ohne Probleme erreichten wir nach einer Stunde den Aufstiegsort zur Hütte. Durch eine Steinlandschaft ging es weiter, bis wir oben schließlich von der Hüttenwirtin auf Zeit und ihren drei fleißigen Helfern begrüßt wurden. Zur Hütte: klein, urig, Holzofen, wenige Lagerplätze, Außendusche mit Gletscherwasser, fernab aller Sorgen.

Nach einer kleinen Pause stand Spaltenbergung auf dem Programm. Geübt wurde am Fels, zuerst mit einem Rucksack, dann „am Mann“. Vieler Handgriffe, einiger Knoten und einer guten Absprache bedarf es, um erfolgreich zu sein. Nach einem kurzen Blick auf den Gletscher (groß! herrlich! schön! unbeschreiblich! zauberhaft!) ließen wir uns das wohlverdiente Hüttenessen schmecken (Knobisuppe mit Backerbsen, Spätzle, Fleisch, allerlei Gemüse, apple crumble und diverse Biere/Radler/Schnäpse). Erwähnt werden sollte das handwerkliche Geschick einiger Teilnehmer, die halfen, eine kaputte Wasserleitung zu reparieren – ohne sie hätten wir auf dem Trockenen gesessen.

Gletschertour

In aller Herrgottsfrühe (um 6 Uhr, nach einem Frühstück bei Kerzenschein) trafen sich die acht müden/munteren Bergsteiger – es sollte Richtung Weißseespitze (3518m) gehen, quer über den Gletscher. Zuerst noch entspannt, später etwas zügiger und in zwei Viererseilschaften „spazierten“ wir 3 Stunden durch eine wunderbare Gletscherlandschaft mit großen und kleinen Spalten, mal in Kehren und etwas steiler, hier und da war ein Hüpfer über eine Spalte nötig. Die Spitze ließen wir aus (ab dem Mittag waren Gewitter vorhergesagt und wir hatten eine feste Umkehrzeit), genossen aber den Blick und liefen über eine sich rasant verändernde Gletscheroberfläche zurück. Überall rauschte Wasser in kleinen und größeren Bächen über den Gletscher an uns vorbei.

Spaltenbergung

Am Nachmittag hieß es Selbstrettung aus einer Spalte üben, die Ruhe genießen, Mittagsschläfchen und Knotenkunde, bevor wir am Abend nach Kartoffelsalat und Leberkäse das gesellige Beisammensein genossen.

Der zweite und bereits letzte Vormittag auf der Rauhekopfhütte brachte eine echte Spaltenbergung mit sich. Nachdem Chrissi und Andreas eine „nette Spalte“ gefunden hatten, hieß es, das zuvor am Fels Geübte umzusetzen.

Eisklettern

In einer Spalte hängen? Ist nur dann aufregend und spannend, wenn man weiß, dass die zwei Helfer da oben einen wieder rausholen. Nachdem alle in die Spalte hüpfen durften, konnten wir Kletterversuche in der Gletscherspalte wagen. Erfahrungen, die wir nie vergessen werden! Es wurde sogar noch besser – zurück auf der Hütte, bekamen wir den lang ersehnten Kaiserschmarrn. Dann hieß es Abschied nehmen und den Weg ins Tal antreten.

Rauhekopfhütte

Ein letzter Blick zur Hütte, ein letztes Mal mit Steigeisen über den Gletscher knirschen, ein letztes Staunen über Kunstwerke im Eis. Über einen herrlichen Wanderweg kamen wir im Gepatschhaus an. Alle heil wieder unten, darauf wurde angestoßen. Nach einer heißen Dusche und dem Lagerbezug gab es bei Kaspressknödel mit Kraut und diversen Schnäpsen ausgiebige Plaudereien und einen Rückblick auf unser Abenteuer.

Gruppe im Eis

Am letzten Vormittag konnten wir uns im Felsklettern ausprobieren, bevor der Abschied nahte und sich die acht Gefährten in alle Himmelsrichtungen verteilten. Was bleibt sind Erinnerungen an eine wunderbare Zeit in den Bergen, das Kennenlernen einer tollen Truppe (Danke!) und Erfahrungen, von denen ich nie gedacht hätte sie zu erleben. Der Mitarbeiter des Sportladens hatte recht mit dem, was er sagte. Die Welt da oben beim Gletscher ist anders. Sie ist unbeschreiblich.

 

Text: Lena Horn; Fotos: Christiane Jäcker (5), Bastian Sauer (2), Andreas Mühle (1)

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