Skitour Sarntaler
Knackige Kälte und große Gefühle
Bericht von der Skidurchquerung der Sarntaler Alpen
20.-27.2.2018
„Bis zu -32° in Südtirol!“
Dass es kalt werden würde: das war angesagt. Also wurde der erste Tag nicht zur ‚Viergipfeltour‘ über den Zinseler 2422m und seine drei Kollegen am Penserjoch oberhalb von Sterzing. Am Vortag waren Ute und ich bei der Erkundungstour zweimal umgeblasen worden, und das wollte ich der Gruppe dann doch nicht zumuten.
Jörg und Thomas, Ulla und Stefanie, Harald, Adi, Ute, Tourenhund Polly und ich machten uns also auf die ‚Rentnerroute‘: Vom Gasthof Schönblick in Egg auf 1500 m stapften wir auf der Landstraße hinauf zum Penserjoch bei stahlblauem Himmel, scharfem Wind und beißender Kälte. Zum Glück kamen wir in einer offenen Almhütte zum Atemholen und Teetrinken, und die Abfahrt vom Astenberg 2367m hinunter nach Pens brachte feinsten Pulver, Waschbrettschnee und eine Bachüberquerung mit Balanceakt. Ein guter Eingehtag: keiner war ‚eingegangen‘…
Die Sauna tat ein Übriges, um uns wieder aufzutauen, und am Morgen des Donnerstags waren alle wieder gut dabei. Dass es Harald bei der ersten Pause einfiel, dass er noch den Hotelschlüssel im Anorak hatte – das brachte ihm Spott und einen Spurt ein, war aber schnell vergessen bei dem verträumten Aufstieg durch ein tief verschneites Tal hinauf zum Durnholzer Jöchl, dem Übergang nach Durnholz 1568m, wo wir für drei Nächte Quartier bezogen.
Durch Kiefernwald ging es am Freitag hinauf zur Seebalm und in das riesige U-förmige weite Seebtal, hinauf Richtung Hörtlahner 2660m. Die grandiose Landschaft konnten wir wieder ganz allein genießen, aber der Anstieg zum Schluss war kein Genuss: wacklige Spitzkehren mit Harschis auf dem spiegelglatten Schnee brauchten Mumm und Wumms, und die Abfahrt war auch kein Vergnügen. Aber unten dann: bester Pulver verwöhnte uns in den kleinen Seitentälern.
Anderntags präsentierte sich die Jakobsspitze 2742m in makellosem Sonnenschein. Der Aufstieg geriet zur Schwitztour, Arme und Gesichter wurden rot und braun. Wir waren froh, dass wir die ruhige Südwest-Route genommen hatten und allein unsere Spuren zogen. Oben war nämlich ziemlich Betrieb! Und dann die Abfahrt: „Sowas kann man nicht buchen!“ war ein Kommentar. Stimmt. Solcher Schnee bei solchem Wetter: ein Geschenk. Und der abendliche Marsch über den zugefrorenen Durnholzer See machte den Tourentag dann ganz rund.
Noch einmal über den zugefrorenen See und ins Großalmtal – nach Saunalandschaft, vegetarischem Leckermahl, intensivem Austausch im Gespräch, bestem Schlaf und frühem Aufbruch. Die Harschis verhindern einen Unfall mit Thomas und Ute, aber einen Schreck tragen die beiden doch davon. Endlich ist die Kassianspitze 2581m erreicht. Wir können auf der Bank am Fuß des Kreuzes sitzen, wo vor Jahren die Schneemassen der Jesusfigur hoch oben bis an die Brust reichte… Pause – Gipfellied – weiter! Wir mogeln uns auf der Höhenlinie 2300 bei schneidender Kälte auf die Hochebene unterhalb des Latzfonser Kreuzes und gleiten hinab zur Stöfflhütte 2057m, wo wir schon erwartet werden: der Kachelofen bullert. Wunderbar! Aber schade, dass wir nicht duschen können: es hat einfach zu wenig Wasser…
Durchsage im Radio: „Morgen bis zu -32° in Südtirol!“ Nun: -23° war’s anderntags beim Aufbruch. Aber was für eine Weite, was für ein Blick, hinüber zur Seiser Alm und den Kofeln! In langer Querung ziehen wir hinüber zum Rittner Bildstock und von dort gemächlich, aber saukalt, hinauf zum eisigen Gipfel des Villanderbergs 2509m mit seinem Riesenkreuz. So haben wir selten gefroren wie an diesem Tag! Der Wind macht alles noch fieser. Deswegen sind die Pausen kurz, das Gipfellied fällt aus, und wir sind froh, dass wir nach langer Wanderung in der Feltrunerhütte an der Skipiste des Rittnerhorns 2260m einen Kaffee und Apfelstrudel kriegen. Überlebt!
Weil wir auf den Hotelbus warten müssen, improvisieren wir noch schnell einen Kältetanz auf dem Parkplatz in Pemmern, und bei Hei! und Ho! wird’s uns schnell warm. Echte Indianer kennen eben keinen Schmerz…
... freuen sich aber doch an der Sauna im Sporthotel und am leckeren Essen. Wir lassen traditionsgemäß alle Tage der Eisbärentour nochmal an uns vorüberziehen und merken: Knackige Kälte und große Gefühle schließen einander nicht aus. Im Gegenteil!