Skidurchquerung Kitzbühler Alpen

Skitour der Kontraste: Durchquerung der Kitzbühler Alpen vom 21.-28.2.2019

Aufstiegsspur

Rauf und runter…
… das ist ja klar: Die Unterschiede zwischen Tal und Berg, zwischen Tief und Hoch, sind ja naturgegebene Kontraste beim Bergsteigen, auch beim winterlichen auf Ski. Dass unsere Skidurchquerung allerdings noch ganz andere große Gegensätze bieten würde, wurde uns klar, als wir… - aber der Reihe nach:

Ein feuchtes Vergnügen…
…ist es nicht beim Start in Inneralpbach. Immerhin hat uns der Skibus zur Endhaltestelle gefahren, sodass wir bei den ersten Schritten auf der durchweichten Loipe noch ganz trockene Witze reißen können. „Immerhin haben wir überhaupt ein Wetter“, spottet Reinhold, und vom „Wasserskifahren“ ist auch die Rede. Jedenfalls regnet es, zwar nicht sturzbach- aber doch rinnsalartig, und die Handschuhe sind schnell ‚durch‘. Der Himmel hängt tiefer als die Temperatur, die Sicht ist mies, und außer uns ist keiner unterwegs. Was hilft’s? Der Tag will bestanden, der Luegergraben begangen, der Joel auf 1964m bestiegen sein, ein einfacher Klassiker für den ersten Tag, aber doch eine Herausforderung bei dem Wetter: mehr feucht als Vergnügen. Zum Glück schneit’s ab 1400 m. Weiter zum Saupanzen 1957m und bei null Sicht auf die Schulter zum Lämpersberg 2202m. Bei 2050m ist Schluss, wir biegen ab ins Tal und tasten uns steile Hänge hinab, bis es an einem Tobel nicht mehr weitergeht. Orientierungskonferenz – da: es hellt auf, drüben liegt die Baumgartenalm, nix wie hin! Geschafft. Schnell ins erste Quartier in Auffach! Der Wechsel von der An- zur Entspannung ist Kontrast Nr. 1, den wir erst beim leckeren vegetarischen Dinner an der Liftstation genießen können. Die Übernachtung ist luxuriös, genau wie die Busfahrt am nächsten Morgen. Wir staunen über die Massen – Kontrast Nr. 2 –, die da zu den Pisten und Liften drängen und sind froh, dass wir aus dem

Trubel
hinauf nach Schwarzenau kutschiert werden. Super Wetter! Zum Feldalphorn 1920m sind es auch wieder 1000 Höhenmeter, aber wie viel leichter geht es sich in der Sonne und bei herrlichem Blick! Geplant ist die Kammwanderung übers Schwaiberghörndl, aber angesichts der Überwechtung biegen wir lieber in eine rauschende Pulverabfahrt über 200 Höhenmeter ab und gehen über ein herrliches Halbrund auf den Breiteggern 1981m und weiter zur Wildkarspitze 1961m. Pause! Der nächste Kontrast: nach 100 hm Pulver ist Schluss mit Lustig und wir stochern uns durch den bockharten, nach Regen gefrorenen Deckel mühsam in den ‚Langen Graben‘ zum Gasthof Moderstock. Kontrast Nr. 4: Ein urgemütliches, einsames Gasthaus mit supernetten Wirten, knarrenden Dielen und Tiroler G’röstel – wenige Kilometer vom mondänen

Im Aufstieg

Schlackernde Knie
gibt’s, als wir am Sonntagmorgen eine ‚Abkürzung‘ nehmen, die – obwohl vom Wirt empfohlen – in ein steiles Fichtenverhau führt. Die mühsame Kraxelei entlang einer Spur, die wir bald verlieren, offenbart Kontrast Nr. 5: nämlich den zwischen einer eingelaufenen, beschilderten Route und einem weglosen Gestocher auf hartem Grund; und gleich auch noch Kontrast Nr. 6: den zwischen munteren, motivierten und fluchenden, schwitzenden Skibergsteigern. Schwamm drüber – und runter zur offiziellen Route und rauf auf den Lodron 1925m, den wir mit reduzierter Truppe bei wieder hergestellter Laune erreichen. Dass Kontrast Nr. 7 uns nun den allerfeinsten Pulver bis hinunter zur Forststraße und dort eine rassige Schnellbahn bescheren würde, das hätte keiner erwartet – und auch nicht das urige Jägerhäusl mit 300jähriger Geschichte. Schön, dass die Gruppe wieder zusammen ist – so hatten die einen ihre Ruhe, und wir den Pulverschnee…

 

Zur Abwechslung
am Montag ein Fußmarsch das Windautal hinauf, am Gasthof Steinberg vorbei und übers Brückchen in den Einstieg zur Hintersteinkarscharte 1829m. Wieder knallt die Sonne, und Kontrast Nr. 8 ist der zwischen der Schattenkühle im Wald und der Wärme bei der Pause auf halber Höhe. Das Gerstinger Joch 2011m lockt uns nicht bei der Hitze, und so geht es in perfekter Pulverabfahrt auf den langen Ziehweg zur Oberlandhütte 1011m in Aschau. Dort empfängt uns Stefan mit dem begeisterten Ausruf: „Bei uns könnt ihr ewig bleiben!“, als wir ihm sagen, dass wir alle kein Fleisch essen und Harald vegan lebt. Die Freude des jungen Wirts ist echt – und unsere erst recht, als er uns ein extra leckeres Abendmahl serviert. Klasse – danke, lieber Stefan! Die Hütte hat total gewonnen, seitdem neue Wirtsleute dort sind…

Verschnaufpause

Kontrast Nr. 9
ist die herbe, derbe Begrüßung durch den unfreundlichen, miesepetrigen Wirt der Bochumer Hütte 1432m am nächsten, dem vorletzten Tag. Verletzende Bemerkungen, muffige Miene, Barras-Ton („Nicht in die Küche eintrretenn!“) und Kontrollwahn tragen nicht zur Wohlfühlatmosphäre bei, die diesem ältesten Schutzhaus der Alpen angemessen wäre. Die gemütliche Stube und die feinen Schnitzereien an der alten Knappenhütte der Kelchalm haben einen besseren Wirt verdient! Immerhin sind wir nach über 20 km und 1600 hm rechtschaffen müde: Über eine Skiroute sind wir zum Schwarzkogel 2030 m gestiegen mit traumhaftem Panorama von Großvenediger, Großglockner, Watzmann und Wildem Kaiser bis zum Großen Rettenstein ganz in der Nähe; wir haben ein riesiges Lawinenfeld gequert, sind zum Saukasergraben gepulvert und unter der Gondelbahn vom Pengelstein durchgefahren zum Apfelstrudel in Hechenmoos – und dann nochmal zwei Stunden hinauf, 600 hm oder so, an prächtigen Eiszapfenwänden vorbei. Was für ein Tag!

Hahnenkampl
heißt der unauffällige Buckel auf 1813m oberhalb der Bochumerhütte, den wir früh am Mittwoch erreichen – bei bestem Wetter. Wieder singen wir das Bergsteigerlied und lassen uns den Pulverhang schmecken, der uns hinunter bringt in den Aurachgraben zum Wegkreuz und zum Abschied von Daniel, der keinen Urlaub mehr hat und von Hermann, dessen Schuh sich auflöst. Dass er mit diesem Schuh wenig später auf dem Eis des Parkplatzes ausrutschen und anschließend ins Krankenhaus gebracht wird (Gehirnerschütterung?), wissen wir noch nicht; wir wollen uns ja heute Abend wieder treffen zum Abschluss. Der schwitzende Rest arbeitet sich also erstmal hinauf zur Wildkaralm 1557m mit schöner Pause (Getränkeauswahl in laufender Wasserkühlung beim Haus der Naturfreunde) und weiter zum Bischofsjoch 1908m. Letzter Anstieg! Letzte Abfahrt! Nochmal ein Pülverchen vom feinsten, steil hinunter zur Kreuzlacke und hinaus über weite Nordhänge zum Pletzergraben. Die Nachricht von Hermanns Malheur setzt nun den letzten Kontrast, Nr. 10: Nach kurzer Ohnmacht, Transport ins Krankenhaus, Untersuchung und CT wird er entlassen – kein Schaden! Das hätte anders ausgehen können… Froh kommt er abends ins Quartier nach Fieberbrunn, wo wir in der Winkelmoosalm bestens aufgehoben sind und mit ihm das Ende der ‚Skitour der Kontraste‘ feiern.

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Höhenmeter: ca. 8200; Strecke ca. 100 km.

Infos: P. Keill, Die schönsten Skidurchquerungen in den Alpen, Bruckmann-Verlag

AV-Karten 34/1 und 34/2, Kompasskarte 29

Anfahrt am besten mit Bahn bis Brixlegg, Skibus hinaus nach Alpbach und Inneralpbach; zurück mit Bahn ab Fieberbrunn. Abbruchmöglichkeiten an jedem Tag; gute Verkehrsverbindungen.

Prädikat: sehr empfehlenswert, Kondition: 3/5; Technik 2/5.

Normale Skitourenausrüstung, max. 8 kg!

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