Mehr Seil in der Mehrseillänge

Kursbericht „Klettern im Sektionsgebiet“

Erste Schritte

Klettern hat ja viel Schönes. Besonders schön ist die Vielfalt dieser Sportart. Egal ob jemand Plastik mag oder Fels, ob Menschen mehrtägige Gipfeltouren machen oder aber bequem mit dem Auto an die Route fahren wollen: Für jeden Geschmack gibt es Möglichkeiten, sich auszutoben. Christian Strunz gehört nicht zu denjenigen, die es lieben, sich durch Geröllfelder und unwegsames Gelände zu kämpfen; wer sich bei ihm zu einem Kletterkurs anmeldet, kann sicher sein, dass der Zustieg nicht länger als eine Viertelstunde dauert.

„Klettern im Sektionsgebiet“ hatten die Trainer Christian Strunz und Frank Gundersdorff ihren „Ausbildungskurs Klettern in gut gesicherten Mehrseillängen“ überschrieben. Eine schöne Gelegenheit, nach der Corona-Zwangspause mal wieder mit einer Gruppe unterwegs zu sein! Acht Teilnehmer und Teilnehmerinnen sehr gemischten Alters und mit unterschiedlichen Vorkenntnissen hatten sich zu der Fahrt ins Gepatschhaus angemeldet, um das Umfädeln, Abbauen und Abseilen, die Kommandos, den Standplatzbau und das Nachsichern zu erlernen. Darunter auch zwei „Kurstouristen“, wie Christian und Frank spöttisch anmerken: Menschen, die eigentlich schon längst selbstständig am Fels unterwegs sein sollten, aber immer noch gerne Kurse besuchen.


Kursbetrieb

Gut abgesichert stimmt auf jeden Fall: Die Hakenabstände im Klettergarten sind kaum weiter als in der Halle, der Granit ist angenehm rau, beruhigend fest und anfängerfreundlich geneigt - und der Zustieg vom Gepatschhaus erwartungsgemäß nur wenige Minuten lang. Zum Lernen und Üben ist das sanfte Gelände ideal. Dass die Routen so dicht beieinander liegen, erleichtert nicht nur den Trainern den Überblick, sondern führt auch zwischen den Seilschaften zu intensiver Kommunikation. Bandschlingen werden ausgetauscht, Tipps gegeben, liegengebliebene Jacken eingesammelt, und manchmal gibt es auch Diskussionen über den richtigen Routenverlauf, wenn sich benachbarte Seilschaften die Hakenlinie streitig machen. („Doch, der Überhang hätte wirklich dazu gehört!“)

Ruhig, freundlich und präzise erläutern Frank und Christian immer wieder, worauf es ankommt. Jeder Schritt wird genau erklärt und gründlich geübt. Weil die Gruppe so klein ist, können die beiden Trainer auf alle Fragen eingehen und jeden Einzelnen gut im Auge behalten.

Plattenjojo

Gleichzeitig ist die Landschaft rings um das Gepatschhaus wunderschön. Blumenwiesen säumen den sprudelnden Bach, am Rand des Kessels leuchten Schneefelder, und einen kleinen, aber durchaus spektakulären Klettersteig gibt es auch. Für ein kulturelles Highlight ist ausnahmsweise nicht die Kursleitung zuständig: Am dritten Tag ist das Hochtal auf einmal von einem orgelnden Motorengeheul erfüllt. Einer, zwei, drei – nein: Zwanzig Lamborghinis rollen über die kurvige Bergstraße und lassen ihre Maschinen aufheulen. „Ich komm da gar nicht drüber“, sagt Frank und rechnet vor, wie viele Millionen diese Autos gekostet haben müssen. An den Autokennzeichen lässt sich ablesen, dass die Millionärsdichte in Starnberg doch etwas höher sein muss als andernorts; und noch lange, als der Lärm verklungen war, werden Ideen und Sehnsüchte ventiliert, was man selbst mit so viel Geld machen würde.

In der Wand

Die Stimmung in der Gruppe ist offen und fröhlich; abends auf der Hütte wird viel gelacht. Wie sich wohl „Gewaltfreie Kommunikation“ am Berg bewähren würde, sinniert etwa Simon: „Ich merke gerade, dass ich mich unwohl fühle, wenn das Seil so weit durchhängt. Anscheinend ist mein Bedürfnis nach Sicherheit nicht richtig erfüllt. Darf ich dich deshalb bitten, das Seil etwas einzunehmen?“

In der Praxis bleibt es jedoch bei den traditionellen knappen Kommandos „Zu“, „Ab“, „Stand“ und „Kommen“; und Frank bringt uns sogar bei, wie Kommunikation ganz ohne Worte und stattdessen mittels Seilzug funktionieren kann. Am Ende der vier Tage sitzen die entscheidenden Handgriffe bei jedem und jeder. „Ich würde mit euch losziehen“, sagt Christian, und auch Frank scheint einverstanden. Ein Ritterschlag! Einhelliges Urteil der Teilnehmenden: Super Kurs, viel gelernt, ganz herzlichen Dank!

PS: Der „Kurstourismus“ hat sich ausgezahlt: Die Autorin kann jetzt endlich den Mastwurf mit einer Hand...

Text: Andrea Teupke

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